Schließlich bleibt nur noch die Flucht zum Bus. „Halt Lüdenscheider Wetter“, kommentierte lässig einer der 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Besichtigungstour, zu der die Autobahn GmbH eingeladen hatte. Aber auch er war komplett durchnässt. Egal. Wie die anderen, hatte auch er beim Ausflug zum südlichen Widerlager den Baustellentrieb einmal live erleben wollen. „Und dann sagen viele immer wieder: Da passiert ja nix.“ Im Gegenteil. Es passiert jede Menge. „Sagen Sie es ihren Freunden und Bekannten weiter“, appellierte Susanne Schlenga an die durchnässte Truppe. Der Sprecherin der Autobahn GmbH ist eben an guten Nachrichten zum Brückenbau gelegen. „Leider haben wir nicht so häufig die Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürgern den Baufortschritt zu zeigen.“
Was ist zu sehen? Bagger schachten die Taktkeller aus, aus denen heraus später die Stahlelemente, auf denen später die Fahrbahn ruht, im Taktschiebeverfahren geschoben werden. Die Bagger graben sich dabei, nicht untypisch für das Sauerland, durch hartnäckige Felsformationen. Schweres Bohrgerät bereitet die Gründung der Pfeiler vor.
Dabei dringen die Bohrer zehn Meter tief in den Boden vor und schaffen so tiefe Löcher mit einem Durchmesser von 1,50 Meter. Muldenkipper schaffen jede Menge Abraum weg. Die ersten Hilfspfeiler, über die später die Stahlelemente geschoben werden, recken sich in den Himmel. Der Pfeiler auf der Südseite ist nahezu fertig. „Das alles sieht man ja von unten nicht richtig“, sagte eine beeindruckte Teilnehmerin.
Was man auch nicht sieht, ist die Arbeit an den Standorten von HABAU, Bickhardt Bau SE und MCE GmbH. Diese Unternehmen bilden die Arbeitsgemeinschaft, die den Zuschlag für den 170 Millionen Euro teuren Brückenbau erhalten hat. Hier werden bis zu 1000 Einzelpläne erstellt, die zu einem großen Teil einen Genehmigungsprozess durchlaufen müssen. Damit es in diesem Prozess nicht zu Verzögerungen kommt, hat die Autobahn Westfalen ein Team aus unterschiedlichen Abteilungen und externen Fachleuten aufgestellt, die alle anliegenden Themen unverzüglich abarbeiten. Für Projektleiter Michael Neumann bedeutet das jede Menge Videokonferenzen.
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„Wir liegen im Zeitplan“, ist der Bauingenieur zuversichtlich, dass im Sommer 2026 eine Teilfreigabe der Brücke erfolgen kann. Im Mai sollen die ersten Stahlelemente angeliefert werden, die zu Hohlkästen für den Brückenüberbau vor Ort zusammengeschweißt werden und anschließend aus den beiden Taktkellern übers Tal geschoben werden. Beim Neubau der Talbrücke Rahmede geschieht das von zwei Seiten gleichzeitig.
Ist der Stahlüberbau fertig, wird die Fahrbahnplatte aus Beton hergestellt. Abschließend erhält diese Betonplatte die sogenannten Kappen, also die Randelemente der Brücke aus Beton. Der Fahrbahnbelag wird erstellt und Schutzeinrichtungen montiert. Freigabe des ersten Teilbauwerks wird im Sommer 2026 sein. Im Jahr darauf soll die zweite Seite fertiggestellt sein. Dann rollt der Verkehr über eine moderne Stahlverbundbrücke mit zwei Tragwerken, vier Pfeilerpaaren und mit einer „Lebenserwartung“ von 100 Jahren.