Iris Jänicke ist besorgt. Die Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes im Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg fürchtet um die Zukunft der Kleiderkammern. Damit ist sie nicht allein. Auch andere Träger, die Alttextilien sammeln, stehen vor Problemen. Das Deutsche Rote Kreuz baut inzwischen Sammelcontainer ab, da das Geschäft nicht mehr kostendeckend ist.
„Zurzeit gibt es keine Lösung“, sagt Iris Jänicke. Tatsächlich steht der europäische Markt für Alttextilien nach Angaben der Gemeinschaft für textile Zukunft vor einem beispiellosen Einbruch. Die Kombination aus einem massiven Überangebot an gebrauchten Textilien und sinkender Nachfrage in traditionellen Exportmärkten hat die Branche in eine schwere Krise gestürzt.
Das spüren auch die Kleiderkammern des Diakonischen Werkes in Lüdenscheid, Plettenberg und Werdohl. In den knapp bemessenen Lagerräumen stapelt sich inzwischen unverkäufliche Ware, weil die Abholung nicht mehr funktioniert. Entweder haben die Abholer bereits Insolvenz angemeldet oder aber sind mit der Vielzahl von Anfragen in NRW total überlastet. „Wir haben Hunderte von Säcken, die wir derzeit nicht mehr loswerden und mit jeder Öffnungs-/Annahmezeit werden es mehr“, berichtet die Diakonie-Geschäftsführerin.
Verschärft wird das Problem, weil außerhalb der Öffnungszeiten unbrauchbare Textilien vor den Annahmestellen abgestellt werden. „Manchmal ist sogar Hausmüll dabei“, klagt Martina Sühwold, Leiterin des Begegnungszentrums „Allerlei“ an der Schubertstraße, in dem auch Second-Hand-Kleidung verkauft wird. „Das ist einfach respektlos.“ Windeln, zerrissene und stark verschmutzte Kleidung: „Manchmal schlägt uns Gestank entgegen, wenn wir die Säcke öffnen.“

Sie bittet darum, Kleiderspenden nur noch während der Annahmezeiten abzugeben. Dann werde kontrolliert. „Unverkäufliche Ware nehmen wir dann nicht an.“ „Dass es auch anders geht, zeigen andere Spender“, sagt Martina Sühwold und zeigt auf Kartons mit frisch gewaschenen und akkurat gefalteten Hemden, T-Shirts und Hosen. „Für solche Spenden sind wir natürlich sehr dankbar.“
Ein weiterer Grund für die Textilmüll-Flut sind Vorgaben der EU-Abfallrahmenrichtlinie. „Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert und denken, dass sie keine Textilabfälle mehr in den Hausmüll werfen dürfen. Daher landet jetzt erst recht sehr viel Textilmüll bei uns“, sagt Iris Jänicke. Tatsache sei aber, dass zerschlissene Kleidung nach wie vor über den Hausmüll entsorgt werden dürfe.
Sie ärgert sich auch über die riesige Menge an Billigklamotten, die kurzlebig und von schlechter Textilqualität sind. „Wer so etwas kauft, sollte es zumindest nicht dann auch noch in die Second-Hand-Verwertung geben“, appelliert die Diakonie-Geschäftsführerin.
Ihr großes Ziel ist es, die Kleiderkammern des Diakonischen Werkes dauerhaft zu erhalten. Sie seien schließlich für viele Menschen eine günstige Einkaufsmöglichkeit und gleichzeitig ein wichtiger Faktor in der Kreislaufwirtschaft.