Grund dafür war nicht nur, dass am Brückentag gleich mehrere der geladenen Zeugen nicht erschienen sind, sondern auch die Inhalte der Aussagen. Ein Großteil der für diesen Tag geladenen Zeugen konnten dem Gericht gegenüber weniger zur Lösung des Falls beitragen, als sich die Vorsitzende Richterin nach eigenen Angaben erhofft hatte.
Als erstes stellte sich ein Sozialarbeiter der Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf den Fragen des Gerichtes. Er führte am 22. November das Aufnahmegespräch mit dem 19-jährigen Tatverdächtigen und hatte auch in der Folgezeit immer wieder Kontakt zu dem jungen Mann. „Wir sind bisher immer klargekommen“, skizzierte er ein gutes Verhältnis zu dem russischen Inhaftierten. Wohl auch, weil die Verständigung gut klappte. Bei Fragen, die Maksim V. auf deutsch nicht verstand, konnte der Sozialarbeiter auf russisch nachhaken. Über das Verhalten während der Haftzeit in Wuppertal hingegen konnte der Sozialarbeiter – zum Leidwesen von Richterin Hartmann-Garschagen, die im Vorfeld bei der JVA genau nach diesen Informationen gesucht hat – kaum Auskünfte machen. Er arbeitet nicht in den jeweiligen Zellenblöcken mit den Gefangenen und hat auch keinen Zugriff auf die entsprechende Haftdokumentation.
Trotzdem, so habe er über Hörensagen mitbekommen, gab es immer wieder Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Angeklagten. Schnell ergänzte er jedoch: „Es gab wohl Übergriffe auf Herrn V. in der Freistunde. Vorfälle, in denen er Aggressor war, daran kann ich mich nicht erinnern“. Nachdem Maksim V. ihm gegenüber geäußert hatte, dass er gerne in der Küche arbeiten wollte, hat der Sozialarbeiter den Wunsch an die zuständigen Kollegen weiter gegeben. „Die Kollegen schauen sich den Hygienezustand der Person und des Haftraumes an, der war desolat“, kam jedoch für V. die ernüchternde Rückmeldung. Immerhin sei der Haftraum im Laufe der Zeit „einen Tacken sauberer geworden“, machte sich der Sozialarbeiter für den jungen Mann stark.
Die beiden nach der Pause geladenen Ärzte des Klinikums Lüdenscheid konnten der Strafkammer kaum weiterhelfen, weiter Licht in den Fall zu bringen. Sie haben zwar beide das Opfer der Tat im Krankenhaus versorgt, waren jedoch beide nicht an dem Abend in der Notaufnahme, an dem die mutmaßliche Tat passierte. Einer der Ärzte war im Laufe des Krankenhausaufenthaltes für die Operation der Sprunggelenksfraktur verantwortlich, der andere für den folgenden Verbandswechsel. Ebenso wenig Auskunft konnte eine Zeugin geben, auf die die letzte Telefonnummer angemeldet war, die der Tatverdächtige vor dem mutmaßlichen Tatzeitraum anrief.
Zudem wurde eine Polizistin aus Lüdenscheid geladen. Sie hatte in der Zeit vor der Tat eine Anzeige aufgenommen, die der jetzt Tatverdächtige gegen das Opfer erstattet hatte. Der Vorwurf: Räuberische Erpressung. Bereits am ersten Verhandlungstag wurde klar, dass es eine längere Geschichte zwischen den beiden Parteien gab, welche darin gipfelte, dass das Opfer dem nun angeklagten Maksim V. mit Hilfe eines Messers zehn Euro entwendete. In Hinblick auf den 19-Jährigen Angeklagten, der damals das Tatopfer war, brachte die Polizistin zu Papier: „Er war jetzt nicht so eingeschüchtert wie andere Opfer einer räuberischen Erpressung“, doch auch sie wurde schnell aus dem Zeugenstand entlassen.
Bereits gegen 11 Uhr endete der Verhandlungstag, da die Strafverteidigerin des Angeklagten noch zu einem weiteren Prozess geladen war. Der nächste Verhandlungstermin ist für den 9. Mai angesetzt.
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Bericht zum ersten Verhandlungstag
Bericht zum zweiten Verhandlungstag