„Ich geh‘ mal voran“, sagt Dagmar Plümer, die Leiterin der Lüdenscheider Stadtbücherei. Sie führt den LokalDirekt-Reporter und die Damen des Lions-Club Minerva in die Jugendbücherei. Der „Quotenmann“ vom Förderverein der Freunde der Stadtbücherei Lüdenscheid kommt mit; er kennt sich hier ohnehin aus.

Unser Ziel sind drei ziemlich abgenutzte Sitzsäcke und zwei nicht minder gebrauchte Sitzpuffs. Sitzpuffs, Sitzpüffe, Sitzpuffe – welcher Plural tatsächlich korrekt ist und letztlich stimmt, ist gerade zweitrangig. Bei der nächsten Begegnung werde ich Rolf Scholten, den erwähnten Quotenmann und Vorsitzenden der „Freunde“ fragen – er ist Lehrer. Auch sein Thema ist an diesem Nachmittag ein anderes als der richtige Gebrauch der Mehrzahl, denn dass die vorhandenen Sitzmöbel so abgegriffen sind, freut Dagmar Plümer und Rolf Scholten gleichermaßen. Es zeigt nämlich, dass die Teile in inzwischen neun Jahren des Gebrauchs heftigst strapaziert wurden und die Stadtbücherei von Kindern und Jugendlichen jeden Alters akzeptiert und angenommen wird.

„Sie sind total plattgesessen und wir bekommen sie beim besten Willen auch nicht mehr sauber“, erklärt Dagmar Plümer dem Reporter. Zwei 14-jährige Mädel lagern gerade leger mit Tablets auf zwei der malträtierten Möbel und staunen ob des Menschenauflaufs und des Interesses an den Sitzsäcken unter ihren Popos. „Schon bequem hier“, erklären sie dem LokalDirekt-Mann breit grinsend und hören dann mit Freude, dass es demnächst neue Sitzsäcke geben wird.

Die Minerva-Damen überreichen im Beisein der zufällig anwesenden jungen Damen einen plakativen Groß-Scheck, auf dem die Zahl „2000“ steht. Diese 2000 Euro entsprechen dem Reinerlös einer Lesung mit der Mendener Krimiautorin Kathrin Heinrich. Die Erfolgsautorin der Sauerlandkrimis hatte Ende April ihren Auftritt in der Stadtbücherei; obwohl damals stimmlich sehr angeschlagen und deshalb supportet von der Hörbuchsprecherin Anne Hahne wurde der Abend kulturell wie finanziell ein voller Erfolg.

Krimiautorin Kathrin Heinrichs ging Ende April trotz hörbar angeschlagener Stimme für die Lions-Damen und die Stadtbücherei Lüdenscheid an den Start. – Foto: Wolfgang Teipel / LokalDirekt

Über 100 Krimifans im ausverkauften Stadtbücherei-Saal genossen den literarischen Abend und das von den Lions-Damen organisierte Fingerfood-Buffet. Am Ende blieben als Gesamteinnahme jene 2000 Euro übrig, die nun eins zu eins über den Förderverein an die Stadtbücherei ausgeschüttet werden. „Ich habe mich schon schlau gemacht, was neue Sitzsäcke kosten und welche Qualitäten es gibt“, berichtet Büchereileiterin Dagmar Plümer den Minerva-Damen Dr. Brigitte Südkamp, Meike Funke und Elke Schnober. „Wenn es nicht ganz reicht und etwas fehlt, helfen wir von den Freunden der Bücherei, stocken auf und schließen die Lücke“, beruhigt Rolf Scholten.

Minerva, die Namensgeberin der Lüdenscheider Lions-Damen ist – das darf hier am Rande gesagt werden – die römische Göttin der Weisheit, die Schutzgöttin der Dichter und Lehrer, was ausgezeichnet zur Stadtbücherei passt. Bereits seit vielen Jahren – „seit den Zeiten von Kulturhausleiter Rudolf Sparing“ - arbeiten die Lions-Damen und die Bücherei immer wieder zusammen; eine neuerliche Lesung soll um die Osterzeit 2026 stattfinden.

Dann werden die beiden jungen Damen mit den Tablets längst die neuen Sitzsäcke erobert haben und sich in der Bücherei noch wohler fühlen. Denn die Zeiten einer reinen Ausleihe, einer mit Regalen vollgestellten Bibliothek, sind lange vorüber. Eine moderne Stadtbücherei, die mit der Zeit geht, erfüllt einen sozialen Zweck, ist eine bürgerlich-kulturelle Institution, ist ein Treff inmitten der Altstadt. „Bei uns soll man sich wohlfühlen und kann sich aufhalten über Stunden", erklärt Büchereileiterin Plümer. Und welches Möbel könnte solches Wohlgefühl besser symbolisieren als ein knuffiger Sitzsack …