Interview.

Nach mehr als sechs Jahrzehnten politischer Arbeit verabschiedet sich die Wählergemeinschaft Breckerfeld von der politischen Bühne. Warum sie zur Kommunalwahl am 14. September nicht mehr antritt und wie es zu dieser Entscheidung kam, erklärt Fraktionsvorsitzende Katrin Rutenbeck im LokalDirekt-Interview.

Die Wählergemeinschaft Breckerfeld wurde 1964 als Freie Wählergemeinschaft (FWG) gegründet und war seither fester Bestandteil der politischen Gremien in der Hansestadt. Bei der letzten Gemeinderatswahl 2020 erreichte sie 9,71 Prozent der Stimmen - damit lag sie hinter CDU, SPD und Grünen, aber vor der FDP. Zuletzt stellte die Wählergemeinschaft mit Katrin Rutenbeck, Nina-Veronika Janßen und Rudolf Kilimann drei Ratsmitglieder.

LokalDirekt: Frau Rutenbeck, die Wählergemeinschaft Breckerfeld wird bei der nächsten Kommunalwahl nicht mehr antreten. Was waren die ausschlaggebenden Gründe für diesen Schritt? Gab es einen konkreten Anlass?

Katrin Rutenbeck: „Leider ist es uns in den letzten Jahren nicht gelungen, neue Mitstreiter zu gewinnen, die gemeinsam mit uns Politik für Breckerfeld gestalten wollen. Der Kreis der Aktiven ist somit kleiner geworden. Da einige unserer bisher tragenden politischen Kräfte altersbedingt ausscheiden beziehungsweise kürzertreten wollen, war absehbar, dass die politische Arbeit in der nächsten Legislaturperiode nur noch auf ganz wenigen Schultern würde liegen können. 

Wir haben nach Lösungen für dieses Problem gesucht, mit uns gerungen und schließlich schweren Herzens entschieden, dass es bei so geringer personeller Basis nicht möglich wäre, den eigenen Beruf mit Engagement zu betreiben und gleichzeitig intensiv in der Kommunalpolitik tätig zu sein.“

Welche Rolle spielte das politische Klima in Breckerfeld?

„Wir haben das politische Klima in den letzten Jahren als angenehm empfunden, insofern spielte dies keine Rolle.“

Wie blicken Sie persönlich auf Ihre Zeit als Fraktionsvorsitzende zurück?

„Es war toll, mit dem harmonischen Team der Wählergemeinschaft aktuelle Themen zu diskutieren und die gemeinsam erarbeiteten Positionen in den Ausschüssen zu vertreten, um auf diese Weise den eigenen Lieblingsort zu entwickeln.  

Da die Breckerfelder Politik überwiegend männlich geprägt ist, habe ich es als wichtig empfunden, als Frau unsere Fraktion zu führen – im besten Falle ermutigt das andere Frauen, sich politisch stärker einzubringen.“

Was waren aus Ihrer Sicht die größten Erfolge der Wählergemeinschaft in den vergangenen Jahren?

„In einer kommunalpolitischen Landschaft, in der eine Fraktion allein mit ihrer Stimmenmehrheit gute Vorschläge blockieren kann, ist es oft schwierige, eigene Anträge durchzubringen. Unsere Rolle sah ich daher vor allem darin, Impulse zu setzen, die langfristig in politische Entscheidungen einfließen. 

So haben wir erheblich dazu beigetragen, den Blick stärker auf Kinder und Jugendliche in unserer Stadt zu richten. Die Überdachung des Mehrzweckfeldes, die nun bevorstehende Renovierung der Jugendräume im alten Busbahnhof, die zumindest ins Auge gefasste Verschattung von Spielplätzen sehen wir als Folgen unseres Engagements.“

Was bedeutet der Rückzug der Wählergemeinschaft für die politische Vielfalt in Breckerfeld?

„Ganz klar einen Verlust. Als unabhängige Wählergemeinschaft konnten wir Entscheidungen ausschließlich im Sinne der Stadt treffen – ohne Rücksicht auf überregionale Parteivorgaben oder Ideologien. Das machte unkonventionelles Denken und pragmatische Lösungen deutlich einfacher.“

Werden Sie sich künftig parteipolitisch anderweitig engagieren?

„Ich werde ein politischer Mensch bleiben und kandidiere im Kreis für die Wählergemeinschaft Ennepe-Ruhr. Somit sehe ich mich auf absehbare Zeit in keiner der vor Ort tätigen Parteien. Der Verzicht auf die Kandidatur vor Ort gibt mir den Freiraum, mehr politische Projekte durchzuführen, mit denen ich meine Schülerinnen und Schüler (Anm. d. Red.: Katrin Rutenbeck ist von Beruf Lehrerin an einer Realschule) für Politik interessieren und im besten Falle für eigenes politisches Handeln begeistern kann.“

Gibt es etwas, dass Sie sich von der zukünftigen Stadtpolitik wünschen?

„Ich wünsche mir, dass die Potenziale Breckerfelds stärker genutzt werden. Besonders im Bereich des Nahtourismus haben wir viel zu bieten. Wenn es gelingt, vorhandene Angebote zu bündeln, seitens der Stadt einen organisatorischen Rahmen zu schaffen und finanzielle Mittel bereitzustellen, ließe sich die Zahl der Tagesbesucher deutlich steigern. Das wiederum würde die Innenstadt stärken und langfristig auch Arbeitsplätze vor Ort schaffen.

Insgesamt wünsche ich mir weniger ‚Das geht nicht‘ und mehr ‚Wir probieren das einfach mal!‘.“

Vielen Dank für das Gespräch.