Die Arbeiten an der maroden Volmebrücke in Kierspe kommen voran - trotz Verzögerung liegt die Maßnahme laut Landesbetrieb im Zeitplan. Die Situation am Tannenbaum ist für einige Anwohner aber durchaus nervenaufreibend.
Seit gut fünf Wochen ist die Volmebrücke zwischen B237 und B54 nun gesperrt. Ein erster großer Schritt zum Behelfsneubau, der voraussichtlich im Oktober fertiggestellt sein soll, ist seit Beginn dieser Woche geschafft: Am Montag, 16. Juni, haben die Arbeiter die in Teile gesägte Brücke ausgehoben und verladen. Die Teile werden dann zum Betriebshof des Abbruchunternehmers gefahren und dort zerkleinert.
Der zuständige Landesbetrieb Straßenbau.NRW teilt auf LokalDirekt-Anfrage zudem mit, dass sich die mehrmonatige Maßnahme trotz der Verzögerung im Zeitplan befände. Der Abbruch solle demnach bis zum Ende dieser Woche erledigt sein. Danach erfolgten die Schachtarbeiten für die Fundamente der Behelfsbrücke.

Nicht ganz so rosig beschreiben die Anwohner rund um die Vollsperrung die Situation. Auch wenn nahezu allen Bürgern, mit denen LokalDirekt gesprochen hat, klar ist, dass man "mal die Zähne zusammenbeißen muss", bei einer Baustelle dieser Größenordnung, gibt es Dinge, die sie harsch kritisieren.
Schlimmer als Lärm und Schmutz bewerten die Anlieger die Verkehrssituation. Anwohner-Parken sei eine Katastrophe. Ob zu Fuß, mit Rad oder E-Roller oder mit dem Auto - Umwege müssten alle in Kauf nehmen.


Allerdings: Nicht alle halten sich daran. Der Baustellenbereich ist für den Verkehr gesperrt, auch für Fußgänger. Ausgenommen sind die Bewohner des Hauses Kölner Straße 7. Das einstige Genossenschaftsgebäude hat eine Laderampe. Diese hat ein Geländer und gewährt, als offener Hausflur, Zugang zu den Hauseingängen. Der ist den Bewohnern vorbehalten. Findige Kiersper Fußgänger benutzen ihn aber als Abkürzung vom und zum Bus an der Haltestelle Tannenbaum. Schulkinder, so berichten die Anwohner, spielen dabei gern Klingelmännchen. Mountainbiker radeln die abgeflachte Rampe am einen Ende hoch und rappeln am anderen Ende die Treppe runter. Das ist gefährlich. Die Treppe mündet nämlich in die Zufahrt zur Firma Goseberg. Bislang sei es noch zu keinem Unfall gekommen, teilte die Unternehmensleitung LokalDirekt auf Anfrage mit.
Die Brüder Max und Felix Goseberg, die den Metall und Kunststoff verarbeitenden Betrieb in fünfter Generation führen, haben zwar die offizielle Erlaubnis, ihre Zufahrt zu benutzen. Das gehe faktisch aber gar nicht, teilte Felix Goseberg mit: "Große Lkw, ab zwölf Tonnen, die uns wegen der Vollsperrung nur von der B54 anfahren können, müssen auf der Kölner Straße weit nach rechts ausholen, um in unsere Einfahrt zu kommen. Da stehen aber die Container von der Baufirma." Er habe die Bauleitung vor Ort angesprochen. Die habe ihm zugesichert, die Container zeitnah auf die andere Straßenseite zu schaffen. Das sei nicht passiert, sagt Goseberg resigniert.


Das seit 101 Jahren bestehende Kiersper Unternehmen ist vor Ort gewachsen, die Hofeinfahrt jedoch nicht. Die Fahrer der länger und schwerer gewordenen Lkw hätten im steigenden Verkehrsaufkommen in Kierspe wachsende Schwierigkeiten mit der Hofeinfahrt der Firma Goseberg gehabt. Konsequenterweise habe die Politik dem Unternehmen bereits vor mehr als zehn Jahren zugesichert, dass es die Einfahrt vergrößern könne, so erinnert sich Felix Goseberg: "Dafür wurde der Abriss der Gebäude rechts und links von unserer Zufahrt vorgesehen." Felix Goseberg hatte gehofft, die Vollsperrung würde genutzt, um die Gebäude nun abzureißen. "Aber das passiert nicht."


Sein Bruder Max Goseberg äußerte noch eine andere Sorge: Das Firmengelände liegt etwas tiefer als das Straßenniveau. "Beim letzten Hochwasser war das schon problematisch, aber damals konnte das Wasser hinten ablaufen." Dort ist jetzt ein niedriger Wall, seit der Volmepark gebaut wurde. Dadurch liegt das Gelände der Gosebergs jetzt in einem Trichter. Max Goseberg gab zu bedenken: "Soviel ich weiß, wird die neue Behelfsbrücke sieben Zentimeter niedriger sein als die alte Brücke. Da reicht ein Baum oder etwas Gestrüpp - dann steht hier alles unter Wasser."


Derzeit behelfen sie sich mit einer Notfall-Zufahrt für Schwerlaster über zwölf Tonnen. "Die ist uns zum Glück genehmigt worden", teilte Felix Goseberg mit. Sie ist etwa 150 Meter vom Unternehmen entfernt, ohne direkte Verbindung zum Unternehmen. Mitarbeiter Tim Lange feixte: "Ja, wir laden alles mit dem Stapler auf Hänger oder Lieferwagen und bringen es die 500 Meter über die B54 und Kölner Straße hierher." Inzwischen hätten sich viele Zulieferer darauf eingestellt und würden direkt mit Sprinter oder Kleinlaster liefern, bestätigte Felix Goseberg. Und weiter: "Es ja ist nicht so, dass wir nicht bereit wären, selbst etwas zu tun, um die Situation zu verbessern."
