Interview.

Was wäre, wenn . . . Die parteilose Bürgermeisterkandidatin Melita Alzorba, die von der CDU unterstützt wird, lebt ein Leben im Konjunktiv. Am 14. September oder, was wahrscheinlicher ist, nach der Stichwahl am 28. September, könnte das Leben in der Möglichkeitsform beendet sein. So oder so.

Wer ist Melita Alzorba und was treibt sie an? Die Kandidatur der 43-jährigen Verwaltungsfachrätin und freigestellten Personalrätin bei der Stadtverwaltung Lüdenscheid war wohl für viele eine Überraschung. Für die Familie und eine Handvoll Freunde nicht. „Mit ihnen habe ich mich lange beraten“, sagt sie im Gespräch mit LokalDirekt. Dann stand ihr Entschluss fest. Auch, dass sie sich als unabhängige Kandidaten an die CDU wenden werde. Nicht nur, weil sie die Arbeit der Lüdenscheider Christdemokraten lange beobachtet hat und sie gut findet. „Wohin sollte ich auch sonst wenden? Die SPD hatte ja schon lange mit dem amtierenden Bürgermeister ihren Kandidaten.“ Also habe sie im November 2024 dem damaligen CDU-Vorsitzenden Ralf Schwarzkopf den Vorschlag gemacht, für die CDU anzutreten. „Inhaltlich standen und stehen wir uns sehr nah. Außerdem stellt die CDU in der Opposition die stärkste Fraktion“, bekräftigt Melita Alzorba, dass ihr dieser Schritt leicht gefallen sei.

Danach habe sie eine Weile nichts mehr gehört. Schließlich wurde sie von Fraktionschef Oliver Fröhling zu einem zweiten Gespräch eingeladen und setzte sich dabei gegen weitere Kandidaten durch. Was war der entscheidende Punkt? Dazu sagte Ralf Schwarzkopf in einem Interview: „ Mit Frau Alzorba haben wir jemanden gefunden, bei dem wir glauben, dass dies ein Topangebot ist für alle Wählerinnen und Wähler in dieser Stadt, weil sie aus der Verwaltung kommt. Bei den anderen Interessenten wäre dies nicht der Fall gewesen. Wir glauben, dass wir eine Bürgermeisterin brauchen, die weiß, wie der Laden funktioniert und was den Laden zusammenhält. Und wir glauben, dass wir mit einer parteilosen Bürgermeisterin wieder aus dem politischen Kleinklein herausfinden können.“

Melita Alzorba bei einer eigenen Veranstaltung mit Erstwählern und weiteren Besucherinnen und Besuchern.
Foto: Wolfgang Teipel

Seither gehen Melita Alzorba und die Lüdenscheider Christdemokraten Hand in Hand, auch wenn beide ihre eigenen Wahlprogramme haben. „Selbstverständlich haben wir unsere Programme abgestimmt, aber es gibt doch einige Dinge, die ich als Bürgermeisterin für mich in den Vordergrund stellen wollte“, stellt Melita Alzorba klar. Dazu zählt sie den offenen Dialog, gegenseitigen Respekt und ehrliche Kommunikation. „Politik bedeutet für mich nicht, parteipolitische Interessen zu verfolgen, sondern Verantwortung für unsere Stadt und ihre Menschen zu übernehmen.“

Das verdeutlich sie seit Beginn des Wahlkampf in persönlichen Gesprächen in lockerer Runde mit dem Motto „Kaffee mit Melita“, bei Rundgängen in den Stadtteilen, bei Themen-Talks sowie Podiumsdiskussionen und öffentlichen Veranstaltungen. Ein Mammutprogramm, das sie mit viel Energie bewältigt. „Mach einer hat vielleicht geglaubt, dass ich auf halber Strecke aufgebe.“ Den Gedanken habe sie nie. Im Gegenteil: „Ich fühle mich von Tag zu Tag stärker.“

Das verdankt sie wohl auch ihrer Familie und ihren Freunden. „Die Zeitung, in der über meine Nominierung berichtet wurde, hatte mein Mann anfangs immer bei sich und hat sie stolz herumgezeigt. Meine Mutter war sprachlos vor Stolz und hat sich angesichts der Herausforderung wohl auch Sorgen gemacht.“ Ihr 18-jähriger Sohn fand den Schritt seiner Mutter „cool“, wohlwissend, dass es durchaus mal unangenehme Begegnungen geben könnte.

„Mein Leben ist eigentlich unspektakulär“, stapelt die Kandidatin tief. Dabei macht sie Dinge, an die sie früher vielleicht nur gedacht hat. So war Melita Alzorba mit einem Lüdenscheider Sozialdienst unterwegs und hat dabei für ältere Menschen in einem Mietshaus den Flurdienst übernommen. „Ich habe mehrere solcher Praktika gemacht“, sagt sie.

Was hält Melita Alzorba für ihren bisher größten Erfolg? Da muss die Kandidatin einen Moment überlegen. Dann sagt sie: „,Dass ich auf meine ganz eigene Weise erwachsen geworden bin.“

Dazu zählt die Kindheit im Werdohl Stadtteil Eveking, die Mutter Kroatin und katholisch, der Vater ein serbischer Moslem. Melita Alzorba besuchte zunächst die St.-Michael-Grundschule in Werdohl, später das Bergstadt-Gymnasium in Lüdenscheid. Nach dem Abitur arbeitete sie ein Jahr lang als Assistentin beim Arbeitsamt. Dann folgte die Ausbildung zur Justizfachangestellten und eine erste Arbeitsstelle in Siegen. Nach der Geburt ihres Sohnes fand die junge Mutter den Wiedereinstieg in den Beruf in der Lüdenscheider Anwaltskanzlei Löber und Sonneborn. 2016 erhielt sie schließlich ein Angebot der Stadtverwaltung Lüdenscheid – eine Stelle in der Stadtplanung. Später wechselte sie ins Fördermanagement. Seit 2024 ist sie freigestellte Personalrätin und kennt die Verwaltung aus dem Effeff. Dass sie nebenberuflich den Abschluss zur Verwaltungsfachwirtin schaffte, ist ein weiterer Bestandteil ihrer Biografie.

Die Kandidatin im Gespräch mit CDU-Landeschef und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.
Foto: Wolfgang Teipel

So wechselhaft das Berufsleben auch erscheint, privat ist sie beständig. Sie lebt mit ihrem Mann Salih, einem Ur-Lüdenscheider mit türkischen Wurzeln, in der Nähe des Stadtparks. Zur Familie gehört der 18-jährige Sohn, der sein Fachabitur geschafft hat und jetzt erst mal jobbt. Vater Salih Alzorba ist im Wahlkreis immer an der Seite seiner Frau. Beide sind seit 25 Jahren eine Einheit. Beim Gespräch mit LokalDirekt übernimmt Salih Alzorba die Rolle des stillen Beobachters. Beide betreiben Kraftsport. „Zur Entspannung“, sagt Melita Alzorba. Ruhe findet sie auch im Kreis ihrer Freunde. „Auch wenn ich vorher den ganzen Tag in der Küche stehen muss“, lacht die Kandidatin. Musikalisch sei sie nicht. Sie hört gern Musik. „Außer Techno“. Beim Treffen mit Lüdenscheider Erstwählern nach ihrem Lieblingsstück gefragt, drückt sie auf ihr Handy und es ertönt der Eminem-Song „Kings never die“. Warum gerade dieser Song. „Weil ich den Film (Anmerkung der Redaktion: ein Boxerdrama) so toll fand.“

Kein Wunder: In Melita Alzorba schlägt das Herz einer Kämpferin.

Sie haben nun 60 Sekunden Zeit, um sich in einem Video ihren Wählern vorzustellen - es gibt keine Vorgaben.