Am 1. April kam es zu einer Hausdurchsuchung bei der örtlichen Juso-Vorsitzenden Nela Kruschinski in Menden. Ihr wurde vorgeworfen, Graffitis, die die CDU und den damaligen Bundeskanzlerkandidaten Friedrich Merz attackierten, während des Bundestagswahlkampfes an die Schützenhalle in Menden-Hüingsen gesprüht zu haben. Die Hausdurchsuchung bewertete das Landgericht Arnsberg am 1. August als rechtswidrig. Die SPD im Märkischen Kreis fordert nun eine Entschuldigung vom Amtsgericht Arnsberg, das die Durchsuchung im Januar angeordnet hatte; und dessen Direktorin Kanzlergattin Charlotte Merz ist.

Im Vorfeld einer Wahlkampfveranstaltung mit Bundeskanzler-Kandidat Friedrich Merz in Menden-Hüingsen wurden im Januar 2025 Graffitis an der örtlichen Schützenhalle - dem Kundgebungslokal - entdeckt. Eine Zeugenaussage belastete zunächst eine unbekannte Frau und einen Mann, ohne dass deren Identität geklärt werden konnte. Hinzu kam ein anonymer Hinweis, der die damals 17-jährige Juso-Vorsitzende von Menden, Nela Kruschinski, mit der Tat in Verbindung brachte. Auf dieser Grundlage beantragte die Polizei Hagen beim Amtsgericht Arnsberg einen Durchsuchungsbeschluss – ohne Einschaltung der Staatsanwaltschaft. Das Gericht entsprach dem Antrag. Am 1. April 2025 wurde die Wohnung der Jugendlichen durchsucht, Laptop, Handy und mehrere Notizbücher wurden beschlagnahmt. Kruschinski bestreitet die Vorwürfe.

Ihr Verteidiger, der ehemalige NRW-Justizminister Thomas Kutschaty, legte Beschwerde beim Landgericht Arnsberg ein. Laut WDR-Recherchen des Magazins Westpol, ausgestrahlt am Sonntagabend, 7. September, sei der Durchsuchungsbeschluss ausschließlich auf Antrag der Polizei ergangen. Der zuständige Richter habe, so berichtete das Magazin Westpol weiter, keinerlei Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft gehalten. Diese habe demnach das Vorgehen im Nachhinein mit „Eilbedürftigkeit“ begründet. Aus dem Bericht des WDR geht weiter hervor, das Landgericht Arnsberg habe den Beschluss als „rechtsstaatlich bedenklich“ eingeordnet und ihn für rechtswidrig erklärt – nicht zuletzt, weil keine belastbaren Beweise gegen Kruschinski vorlagen. Das geschah nach Angabe des Landgerichts Arnsberg am 1. August. Strafrechtsprofessor Till Zimmermann von der Universität Düsseldorf bezeichnete die Beweislage dem WDR-Magazin Westpol gegenüber als „substanzlos“ und kritisierte die Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes. Graffitis seien eine Bagatelle, zudem sei die Betroffene zum Zeitpunkt noch minderjährig gewesen.

Westpol-Recherchen brachten weitere auffällige Details ans Licht. So ist die Direktorin des Amtsgerichts Arnsberg Charlotte Merz, die Ehefrau des Kanzlers. Sie habe auf WDR-Anfrage jedoch jegliche Einflussnahme oder Kenntnis von dem Beschluss bestritten. Auch auf polizeilicher Seite gebe es Verflechtungen: Wolfgang Exler, CDU-Mitglied, stellvertretender Bürgermeister, Mitglied des Stadtrats und Vorstandsmitglied des betroffenen Schützenvereins, habe demnach im Januar die Vernehmung der Zeugin geführt. Auf Nachfrage habe auch er dem WDR erklärt, er sehe sich nicht als befangen und sei über die Hausdurchsuchung nicht informiert gewesen. Wer den anonymen Hinweis gegeben hatte, wisse er ebenfalls nicht.

SPD-Vertreter aus dem Märkischen Kreis reagierten am Montagvormittag 8. September, mit deutlicher Kritik auf den WDR-Bericht. "Die offenkundige Beteiligung von CDU-Funktionsträgern und Verquickung von Dienst und Politik darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Dass Beteiligte noch direkt im Vorfeld der Razzia anlässlich einer Säuberungsaktion im Wissen der Durchsuchungsmaßnahme bei einer Minderjährigen für ein lockeres und glückliches Foto posiert haben, offenbart die besondere Appetitlosigkeit dieser Angelegenheit. Für uns ist klar: Polizei und Ordnungsbehörden dürfen nicht für politische Zwecke missbraucht werden. Das ist hier ganz offenkundig passiert", äußert sich Fabian Ferber, Vorsitzender der SPD im Märkischen Kreis. Er fordert "volle Transparenz der Verantwortlichen". Er verlangte außerdem Klarheit über die Rolle der CDU-Bürgermeisterkandidatin Manuela Schmidt, die zugleich Leiterin des Ordnungsamts ist. Zugleich betont Ferber, nicht die gesamte CDU sei verantwortlich, sondern einzelne Akteure. Vom Amtsgericht Arnsberg forderte er eine Stellungnahme zu den Vorgängen sowie eine Entschuldigung gegenüber Kruschinski.

Wolfgang Rothstein, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, richtete den Blick auf den Landrat als Chef der Kreispolizeibehörde. „Die Kreistagsfraktion hat eine Anfrage an Landrat und Kreisverwaltung gestellt. Wir erwarten hier eine zügige Beantwortung. Uns ist wichtig, dass die Polizei als Institution keinen Schaden nimmt. Wir glauben fest daran, dass unsere Polizistinnen und Polizisten im Kreis einen guten Job machen und für unsere Sicherheit sorgen. Umso wichtiger ist, dass die Entscheidungswege hierfür transparent werden. Insofern halten wir es für wichtig, zu wissen, ob und ab wann der Landrat von der Maßnahme Bescheid wusste und wie er auf die jeweiligen Informationen reagiert hat."

Rothstein wolle wissen, wie die Kreispolizeibehörde an den Ermittlungen beteiligt gewesen ist, "für die eigentlich das Polizeipräsidium Hagen zuständig gewesen ist". Bernd Schildknecht, Kreistagsabgeordneter und Vorsitzender des Kreis-Polizeibeirats, möchte eine außerordentliche Sitzung dieses Gremiums zur Aufklärung über den Fall herbeiführen.