Interview.
Im Vorfeld der Kommunalwahl positioniert sich die FDP Breckerfeld als Partei der aktiven Mitgestaltung: Unter dem Motto „Gestalten statt verwalten“ fordern die Liberalen einen integrierten Stadtentwicklungsplan, mehr Transparenz in politischen Entscheidungen sowie eine stärkere Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in kommunale Prozesse. In einem Gespräch mit LokalDirekt erläutern Sarah und Björn Menna ihre konkreten Vorstellungen.
LokalDirekt: Was bedeutet das FDP-Motto „Gestalten statt verwalten“, mit dem Sie auf den Plakaten zur Kommunalwahl werben, konkret für Breckerfeld? Können Sie Beispiele geben, wo oder was Sie in der nächsten Ratsperiode aktiv gestalten wollen?
Sarah Menna:
Gestalten statt Verwalten soll heißen, dass eine Stadt wie Breckerfeld, die noch über finanzielle Rücklagen verfügt, Investitionen zielgerichtet in die Zukunft vornimmt. Als Basis dafür fordern wir einen integrierten Stadtentwicklungsplan, damit alle Maßnahmen ineinandergreifen und die Stadt als Ganzes fit für die Zukunft gemacht werden kann.
Die FDP Breckerfeld hat aktuell zwei Sitze im Rat – mit welchen Themen wollen Sie zur Wahl punkten, um eventuell mehr Wähler zu überzeugen?
Sarah Menna:
Unser Angebot ist, mehr Beteiligung an kommunalpolitischen Prozessen und dadurch eine größere Zufriedenheit mit den Entscheidungen zu erreichen. Wir wollen ansprechbar für Ideen sein.
Sie betonen, die kommunalpolitische Arbeit der FDP transparenter machen zu wollen. Wie genau möchten Sie die Bürgerinnen und Bürger künftig besser informieren und einbinden?
Björn Menna:
Transparenz heißt, Entscheidungen klar zu kommunizieren. Das heißt weniger Themen im nicht öffentlichen Teil von Ratssitzungen und - für uns ganz wichtig - eine Erklärung des Haushaltes, die für den Bürger verständlich ist. So, dass er erkennt, wo Geld hinfließt, wo gespart wird und wo die Prioritäten liegen. Ein Dokument mit hunderten Positionen entspricht zwar der Berichtspflicht, ist aber für den Bürger untauglich. Das verständlich zu kommunizieren ist eine Pflicht gegenüber dem Bürger. Kaum einer weiß, dass Breckerfeld zirka 30 Millionen Euro Rücklagen hat, das nur als ein Beispiel für Intransparenz, obwohl ja die Zahlen offen einsehbar sind.
Welche Formate der Bürgerbeteiligung kann sich die FDP konkret in Breckerfeld vorstellen?
Sarah Menna:
Bürgerbeteiligung ist schon lange ein Thema. Informationsveranstaltungen sind das eine. Es muss aber auch digitale Möglichkeiten geben, um an Veranstaltungen teilzunehmen und um generell mit Politik und Verwaltung unkompliziert in Kontakt zu treten.
Die FDP sieht großes Potenzial im Naherholungs- und Agrotourismus. Was fehlt Ihrer Meinung nach noch in Breckerfeld, um dieses Potenzial systematisch zu erschließen?
Björn Menna:
Tourismus ist in Breckerfeld unserer Meinung nach noch gar nicht als Wirtschaftsfaktor erkannt. Der Trend zu sanftem Tourismus in Deutschland ist ungebrochen. Die landschaftliche Schönheit von Breckerfeld und Umgebung ist ein Ziel für Rad- und Wandertouristen. Hier müssen Konzepte zum Bau von Ferienwohnungen und Häusern, Stichwort ‚Tinyhouses‘, sowie Möglichkeiten von Wohnmobilstellplätzen erstellt werden.
Wie wollen Sie die Verbindung zwischen Tourismusförderung und dem Schutz unserer Naturlandschaft gestalten?
Björn Menna:
Der Schutz der Naturlandschaft ist gegeben, wenn es nicht zu einer Konzentration von Tourismus auf bestimmten Flächen kommt, sondern dezentral Möglichkeiten geschaffen werden. Ziel ist ein Tourismus, der nachhaltig das Potenzial der Stadt nutzt und von den Bürgern mitgetragen wird.
Welche Rolle könnten Ihrer Meinung nach lokale Betriebe, zum Beispiel aus Landwirtschaft und Gastronomie, dabei spielen?
Landwirtschaft und Gastronomie sind der Faktor, der zu einer schnellen und nachhaltigen Umsetzung führen kann, wenn dort unbürokratisch Möglichkeiten zur Umsetzung geschaffen werden. Besonders bei landwirtschaftlichen Betrieben sehen wir großes Potenzial für Tourismus, da dort der Gedanke der Nachhaltigkeit bereits zur Betriebsphilosophie gehört.
Die FDP spricht in ihrem Wahlprogramm von einer ideologiefreien Verkehrspolitik. Was bedeutet das für Breckerfeld, insbesondere im Hinblick auf die Anbindung an den ÖPNV und den Radverkehr?
Sarah Menna:
Ideologiefrei ist nur ein Buzzword. Bedarfsgerecht ist der Schlüssel zum Erfolg. In einer ländlichen Gemeinde mit der Fläche und Topografie von Breckerfeld wird der Individualverkehr mit dem PKW ein Zustand sein, der noch lange erhalten bleibt. Breckerfeld ist eine Auspendlergemeinde, die Anschlüsse in die Nachbarstädte benötigt. Beim Thema ÖPNV ist unser Stand kompliziert, da wir im Randgebiet dreier Verkehrsgesellschaften liegen. Hier gibt es nur den Verhandlungsweg.
Beim Radverkehr sieht die Sache anders aus, hier muss die Infrastruktur ausgebaut werden, insbesondere nach Zurstraße. Leider liegt dieses Projekt noch, wie so viele Projekte, in bürokratischer Hand gefesselt, allerdings auf Bezirksebene. Anbindungen an andere Städte sind natürlich auch sinnvoll, aber als höchste Stadt im Kreis können wir davon sicher keine große Entlastung anderer Verkehrsträger erwarten. Mit dem Fahrrad von Hagen nach Breckerfeld muss man schon wollen und können. Hinsichtlich Tourismusförderung können wir ein großes Radwegenetz gebrauchen.
Fremdvergaben im ÖPNV sind ein Vorschlag der FDP Ennepe-Ruhr – sehen Sie auch für Breckerfeld Chancen oder Risiken in dieser Richtung?
Sarah Menna:
Fremdvergaben im ÖPNV sind unserer Meinung nach mit Vorsicht zu betrachten. ÖPNV ist und bleibt ein Zuschussgeschäft und Fremdunternehmer sind Wirtschaftsbetriebe, die Geld verdienen müssen.
Stichwort Medizinische Versorgung: Betrifft der (Fach-)Ärztemangel auch Breckerfeld und welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die medizinische Versorgung in unserer Stadt langfristig zu sichern?
Sarah Menna:
In Breckerfeld gibt es, soweit wir sehen, keinen akuten Ärztemangel. Trotzdem ist die Entwicklung im Auge zu behalten. Fachärztemangel ist ein allgemeines Problem, aber davon auszugehen, dass Breckerfeld eigene Fachärzte bekommt, ist nicht wirklich realistisch.
Ein Vorschlag des FDP-Kreisverbands lautet, Mehrgenerationenhäuser zu fördern und außerdem eine ausreichende Anzahl von Versorgungs-, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen sicherzustellen. Sehen Sie hier auch für Breckerfeld Handlungsbedarf?
Sarah Menna:
Mehrgenerationenhäuser sind eine individuelle Möglichkeit für Menschen, ihr Leben zu gestalten. Hier sollte man auch keine Steine in den Weg legen. Als Instrument zur Verbesserung von Pflege und Betreuung sind sie aber nicht ausreichend. Die Gesundheits- und Daseinsvorsorge ist eine staatliche Aufgabe und damit auch der Gemeinden. Die Gemeinden müssen dort eine führende Rolle übernehmen, in Bezug auf Bedarfsplanung, Beratung und Sicherstellung von ausreichend Ressourcen. Eine reine Vernetzung von Akteuren ist hier nicht ausreichend. ‚Community Health‘ ist hier das Stichwort, hier muss ausgebaut und neu gedacht werden.
Stichpunkt Sicherheit. Wie ist es Ihrer Meinung nach um diesen Aspekt in Breckerfeld bestellt? Sehen Sie hier konkrete Defizite, und wie kann die Stadt darauf reagieren?
Björn Menna:
Der Stichpunkt Sicherheit ist zurzeit in aller Munde. Dabei haben die meisten die polizeiliche Gefahrenabwehr im Sinn. Die ist für eine Pendlergemeinde auch wichtig. Gerade in letzter Zeit häufen sich in der Region Einbrüche am Tage, weshalb die Polizeipräsenz in Breckerfeld dringend verstärkt werden muss.
Allerdings gibt es auch die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr. In unserer Stadt wird der Brandschutz ehrenamtlich sichergestellt. Für unsere Freiwillige Feuerwehr müssen Konzepte erstellt werden, wie dieses notwendige Ehrenamt gefördert werden kann, und zwar dauerhaft. Es muss mehr drin sein für die ehrenamtlichen Feuerwehrleute als ein Gutschein vom Stadtmarketing pro Jahr. Es beginnt bei der Förderung unserer Jugendfeuerwehr und beinhaltete auch die Mitglieder der Alters- und Ehrenabteilung. Das muss es uns wert sein.
Was sind aus Ihrer Sicht die dringendsten Digitalisierungsmaßnahmen, die die Breckerfelder Verwaltung angehen muss?
Björn Menna:
Digitalisierung ist seit Neuestem sogar Thema im Breckerfelder Wahlkampf. Es bringt aber nichts, einfach nur PDF-Formulare zum Download anzubieten. Das ist kein digitaler Service, sondern ein Verlagern von Druckkosten auf den Bürger. Echter digitaler Service muss von Grund auf geplant werden und auch die jeweiligen Prozesse müssen angepasst werden. Dafür braucht es eine gründliche Planung, Wissen und Ressourcen, die Breckerfeld aufgrund der geringen Größe nicht hat. Deshalb sollten wir dies als Dienstleistung einkaufen und im Sinne der Bürger umsetzen. Einen langsamen Prozess zu digitalisieren, bringt nur einen langsamen digitalen Prozess. Digital heißt: einfach, schnell direkt und barrierefrei.
Könnten interkommunale Kooperationen – wie von der FDP Ennepe-Ruhr vorgeschlagen – auch für Breckerfeld einen echten Mehrwert bringen? Wenn ja, in welchen Bereichen?
Björn Menna:
Interkommunale Kooperationen bringen immer einen Vorteil. Einzelne Bereiche zu nennen ist hier schwierig, da bekanntlich jede Gemeinde ihre eigenen Prioritäten hat und deswegen eigene Interessen verfolgt. Deshalb müssen Gespräche stattfinden, und zwar nicht nur auf Verwaltungsebene, sondern auch auf Ebene der Politik.
Welche Themen sehen Sie als die dringendsten Aufgaben für die kommenden fünf Jahre in unserer Stadt?
Sarah Menna:
Die drängendste Aufgabe ist, mit Bürgerbeteiligung einen Stadtentwicklungsplan aufzustellen. Nur so bekommen wir Planungssicherheit und Gestaltungsmöglichkeiten, anstatt wie bisher den Problemen nur hinterher zu laufen. Außerdem bestehen so Möglichkeiten, weitere Fördergelder zu generieren, um Zukunftsprojekte zu gestalten. Nur so bekommen wir Zukunftssicherheit für Gewerbe, Landwirtschaft und Wohnungsbau in Breckerfeld.
Und zuletzt: Wenn Sie einen Bürger in einem Satz davon überzeugen müssten, FDP zu wählen – was würden Sie sagen?
Sarah Menna:
Wenn es besser werden soll, muss es anders werden - deswegen ist es an der Zeit, die CDU in Breckerfeld nicht mehr allein regieren zu lassen.
Vielen Dank für das Gespräch.