Wirtschaftsgespräch der anderen Art: Im Ratssaal stellten sich am Abend (14. Juli) die drei Bürgermeisterkandidaten  Detlef Krüger (für SPD, PWG und Grüne), Patrick Hansmann (CDU) und Ralf Beßler (parteilos) den Vertretern der Plettenberger Wirtschaft vor. Ausgerichtet von der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK), moderiert von Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Geruschkat, wurde von der ersten Minute an ein Fakt klar: Der neue Bürgermeister erbt eine leere Kasse.

Vollversammlungsmitglied Dirk Alte begrüßte seine Kollegen im fast voll besetzten Saal und begründete die Abkehr vom üblichen Ritus einer lokalen SIHK-Wirtschaftskonferenz: „Heute treffen wir uns im Zeichen der bevorstehenden Bürgermeisterwahl“. Sprachs und hieß den amtierenden Bürgermeister Ulrich Schulte willkommen, dessen zweite Amtszeit mit der Wahl und Verpflichtung  des neuen Bürgermeisters enden wird.  Dass dieser besonderen Sitzung mit Interesse entgegengesehen wurde, hatte man im Vorfeld bereits an der Anzahl der schnell eintreffenden Anmeldungen gesehen: Rasch waren 80 Teilnehmer auf der Liste „und es sind noch weitere nicht Angemeldete gekommen“, freute sich Dirk Alte.

Dirk Alte begrüßte seine Unternehmerkollegen zum Wirtschaftsgespräch.
Foto: Aschauer-Hundt

An schwierige Haushaltslagen ist man seit vielen Jahren in Plettenberg gewöhnt; sie sind keine Zustände der Neuzeit. War Plettenberg zu Zeiten der Stadtdirektoren Dr. Hans Wellmann und Walter Stahlschmidt noch eine sogenannte Kommune in Abundanz (eine Stadt, deren Steuerkraft größer ist als der Finanzbedarf), drehte sich das Blatt vor rund einer Generation.

Bereits der Vorgänger des heutigen Bürgermeisters Schulte, Klaus Müller, kämpfte mit erheblichen Defiziten. Inzwischen schrammt Plettenberg Jahr für Jahr an der Verpflichtung entlang, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen.  Für das Haushaltsjahr 2024 war es erstmals so weit, dass Bürgermeister Schulte ein „Hausiko“ für unabwendbar hielt – es kam letztlich doch nicht dazu, weil buchhaltungstechnische Werkzeuge für eine Verschiebung der erklärten Notlage sorgten.

Inzwischen steuert die Stadt mit Verve auf ein Haushaltssicherungskonzept zu. In seiner letzten Rede vor einem Wirtschaftsgespräch machte Bürgermeister Schulte klar, dass die Haushaltslage alles andere rosig sei, das Geld knapp werde. Im zweiten Halbjahr drohe eine Haushaltssperre. Für die kommenden Haushalte rechnete er einen jährlichen Verlust in Höhe von 14 Mio. Euro vor.

Bürgermeister Ulrich Schulte ließ die Teilnehmer der Wirtschaftskonferenz in die Kasse blicken: Gähnende Leere.
Foto: Aschauer-Hundt

Schulte zählte dann auf, wo neben den finanziellen die technischen Probleme der Vier-Täler-Stadt liegen: 78 Hektar Gewerbefläche fehlen; es herrscht Fachkräftemangel. Dabei habe sich die Stadt auf ein gewaltiges Investitionsprogramm verständigt, das auch bereits Wirkung zeige: „Wir haben massiv in Kitas investiert, haben in Kirchen, altes Hallenbad und Gaststätten Kitas eingebaut. Jeder, der zuzieht, findet jetzt einen Kitaplatz!“

In den Schulen bestehe 2026 ein Rechtsanspruch auf einen offenen Ganztagsplatz; dazu fehlten Mensen (Speisesäle und Kochstellen). Ein großes Programm zum An- und Umbau der Schulen laufe. Drei Feuerwehr-Gerätehäuser stünden auf der Liste der Erfordernisse. Im Auftrag des Landes kümmere sich die Stadt um den Straßenbau (Grafweg, Herscheider Straße). Will sagen: Das Land – auch der Bund – haben Lasten auf die Kommunen, auch auf Plettenberg, abgewälzt.

Von der Altschuldenregelung des Landes (NRW übernimmt einen Teil der kommunalen Schulden) werde Plettenberg jedoch nicht profizieren; was aus dem schuldenfinanzierten 500-Mrd.-Infrastruktur-Konjunkturprogramm auf kommunaler Ebene ankomme, werde sich weisen. Schulte war wenig hoffnungsvoll.

Der scheidende Bürgermeister bedankte sich am Ende seiner Einführung bei SIHK-Geschäftsstellenleiter Claus Hegewaldt: Dieser habe beim Gewerbeflächenkonzept von Stadt und SIHK gute Ratschläge gegeben und sei ansonstens stets ansprechbar gewesen, wenn ein Thema der Wirtschaft auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters der Beratung und Entscheidung harrte.

Nach dem  einführenden Vortrag des Bürgermeisters leitete Moderator Dr. Ralf Geruschkat drastisch zur Selbst-Vorstellung der Bürgermeister-Kandidaten über: Er, Geruschkat, komme aus der "Pleite-Kommune" Hagen -  es klang in diesem Moment, als könne ihn der Zustand der Plettenberger Stadtkasse nicht mehr schrecken und als sei er höchst neugierig auf die Konzepte der drei Kandidaten, mit der Ebbe in der Schatulle umzugehen.

Wie Patrick Hansmann, Detlef Krüger und Ralf Beßler Geld auftreiben wollen  -  das lesen Sie in Kürze an dieser Stelle.