Wie kommt es, dass manche Menschen für Tiere ihre gesamte Freizeit opfern? Was bewegt sie dazu, auf Urlaube zu verzichten, privates Geld zu investieren und sich für ihre Arbeit oft genug auch noch unangenehme Kommentare anhören zu müssen? LokalDirekt sprach mit Petra Steiner und Jana Schmidt, zwei engagierten Tierschützerinnen des Tierheims Halver-Schalksmühle, über ihre Beweggründe.

Für Jana Schmidt ist ihr Engagement alternativlos: "Tiere sind das schwächste Glied in unserer Gesellschaft. Sie können sich nicht selber helfen. Dazu brauchen sie uns Menschen." Gleichzeitig sagt sie aber auch, dass sie in einer schwierigen familiären Situation einfach eine Aufgabe für sich gebraucht habe. Etwas, das die plötzliche Leere in ihrem Leben füllte. "Da ich mit Tieren aufgewachsen bin", sagt sie, "lag es nahe, mich im Tierschutz zu engagieren."

Nach einem Gespräch mit Petra Steiner, die schon seit der Gründung des Tierschutzvereins dort tätig ist, unterstützte sie die Halveraner Tierfreunde. "Ich brauche eine Aufgabe neben dem Beruf. Ich habe Zeit und Lust - wollt ihr mich haben?" So begann im Sommer 2009 ihre Arbeit für den Verein, in dem sie dann auch sehr schnell zur ersten Vorsitzenden gewählt wurde. "Die Tiere geben mir soviel zurück", begründet Jana Schmidt ihr Engagement.

Hilfe auch mitten in der Nacht

Aufgaben, die für die meisten Menschen unvorstellbar sind, sind für sie gar keiner Rede wert. So steht sie ganz selbstverständlich mitten in der Nacht auf, um loszufahren, wenn irgendwo ein hilfloses Tier gefunden wurde. Dieses Tier dann nachts alle zwei Stunden zu füttern - das ist für sie das Normalste der Welt. Aber sie sagt auch deutlich, was sie belastet: "In all den Jahren habe ich hier schon viele Schicksale gesehen. Oft stellt sich die Frage, ob wir kranke oder verletzte Tiere überhaupt durchkriegen, oder ob wir sie schlussendlich doch gehen lassen müssen."

Gerade diese Belastung im Umgang mit Tieren, denen die Tierfreunde nicht helfen können, war für Petra Steiner der Grund, zu Beginn ihrer Tätigkeit im Tierschutzverein ganz klar zu sagen: "Mit den Tieren selbst will ich nichts zu tun haben! Ich konnte das Elend einfach nicht ertragen." Seit 1984 ist sie Mitglied beim Tierschutzverein Halver-Schalksmühle, an den sie über ihre Familie gekommen ist. "Ich habe da rund zehn Jahre vor mich hingedümpelt, bevor ich 1997 das Amt der Kassenwartin übernommen habe", erinnert sie sich.

Vor 20 Jahren hatte sie die Idee, einen Tierheimkalender zu produzieren und für den Tierschutz gewinnbringend zu verkaufen. Ein echter Erfolgsschlager, mit dem sie damals sogar im Fernsehen war. Heute kommen schon im Sommer Anfragen für den Kalender des nächsten Jahres herein.

Jana Schmidt (l.) und Petra Steiner haben ein großes Herz für Tiere.
Foto: Gerdel

Teamarbeit zeichnet Tierschützer aus

Als der Verein im Dezember 2008 die Schlüssel für die heutige Auffangstation am Langenscheid bekommen hatte und nahezu zeitgleich ein Wechsel im Vorstand erfolgte, brachte das viele Veränderungen für den Verein. Die Tiere, die damals im privaten Umfeld betreut wurden, mussten innerhalb kürzester Zeit in ihr neues Domizil umziehen. Da wurde jede Hand gebraucht. "Aber Teamarbeit zeichnet uns im Verein von jeher aus", ist es Petra Steiner wichtig zu erwähnen. "Hier kommt eine Vielzahl von Menschen zusammen - mit verschiedensten Hintergründen und sozialen Stellungen - aber alle eint die Liebe zum Tier." So freut sie sich, wenn an den Samstagnachmittagen schnell mal 15 Menschen zusammenkommen, die nach getaner Arbeit gemeinsam bei einer Tasse Kaffee zusammensitzen und einfach reden.

Dass sie heute auch gern direkt am Tier arbeitet hat auch damit zu tun, wie sich der Umgang mit den Tieren insgesamt verändert hat. "Früher, als ich nur die Kasse gemacht habe, las ich nur Rechnungen von Kastrationen oder Euthanasierungen. Das war für mich ganz schrecklich. Tierärztliche Behandlungen, um kranken Tieren zu helfen, kamen so gut wie nie vor. Für mich war das ein schreckliches Szenario", begründet sie ihre Berührungsängste. "Heute sieht das ganz anders aus. Wir haben die Mittel und die Möglichkeiten, verletzte oder kranke Tiere so aufzupäppeln, dass sie eine gute Chance haben, ein neues, echtes Zuhause zu finden. Die Tiere hier bei uns werden genauso gut behandelt wie jedes Tier, das bereits in einem richtigen Zuhause lebt."

Ablenkung von eigenen Problemen

Dieses Kümmern um die Schwächsten lenkte sie auch von ihren eigenen - nicht gerade kleinen - Problemen ab. Eine Krebserkrankung, Insolvenz des Arbeitgebers und eine Kündigung, das alles stellte sie hinter die Bedürfnisse der hilflosen Tiere. "Die Tiere haben mir den Kopf freigehalten. Sie boten mir den Ausgleich, den ich damals brauchte", sagt sie und ergänzt. "Wenn man hier reinkommt und einem schon die erste Katze entgegenkommt, geht das Herz auf. Dann muss ich mich um diese Tiere kümmern. Sie erfordern meine absolute Aufmerksamkeit - da bleibt kein Gedanke für eigene Krankheiten oder Probleme mit dem Arbeitsplatz."

Loslassen will gelernt sein

Auch das "Loslassen können" mussten beide Frauen lernen. "Ich werde nie vergessen, wie die erste Katze, die ich versorgt hatte, in ihr neues Zuhause umgezogen ist. Nachdem der organisatorische Teil erledigt war, habe ich nur noch Rotz und Wasser geheult", erinnert sich Jana Schmidt. "Man hängt nach einiger Zeit einfach an den Tieren und muss es lernen, sie in andere Hände weiterzugeben. Das liegt daran, dass wir hier bei uns Einfluss auf die Lebensumstände der Tiere nehmen können. Das fällt weg, wenn sie hier wieder raus sind." Obwohl sie ja - nach einer genauen Überprüfung des neuen Besitzers - wissen, dass die Tiere es im neuen Zuhause gut haben werden, empfinden die Tierschützer es noch immer als Verlust, wenn ein Tier das Auffangheim verlässt. "Aber es wird von Mal zu Mal besser", machen sie anderen Mut, die sich ebenfalls im Tierschutz engagieren möchten.

Natürlich gibt es auch viele schöne Erlebnisse, die im Rahmen der Tierschutzarbeit entstehen, bestätigen die beiden Frauen. Dazu gehören für sie in erster Linie natürlich gelungene Vermittlungen, aber auch die Tatsache, dass sie immer wieder Neues lernen. Was frisst die gefundene Bartagame oder wer hilft uns bei der Bestimmung der aufgelesenen Schlange - das sind Themen, für die man sich sonst nicht interessieren würde.

Jana Schmidt (l.) und Petra Steiner haben ein großes Herz für Tiere.
Foto: Gerdel

Ein Leben nach dem Tierschutz ist möglich - aber nicht erstrebenswert

Inzwischen haben die beiden Frauen die Verantwortung im Verein weitergegeben und die Auffangstation wird von Daniela Rode und Liane Kaddatz betreut. "Wir können uns jetzt ein bisschen zurücknehmen. Es gibt andere, die weitermachen", sagen sie. Da sind jetzt andere Tierfreunde, die wie Jana Schmidt und Petra Steiner ihr Privatleben hinter das Wohl der Tiere stellen.

Ganz ohne den Tierschutz können und wollen beide aber nicht leben. So vertritt Jana Schmidt den Verein weiter nach außen. Sie sammelt die dringend notwendigen Spenden, macht Werbung und unterstützt bei der Vorbereitung der Feste. Von diesen Arbeiten profitieren auch jetzt nicht nur die Vierbeiner, sondern sie selbst lenken die Aktivitäten rund um den Verein von einer aktuellen, schweren Krankheit ab.

Auch Petra Steiner freut sich darauf, jetzt "nur noch" Wochenenddienste und Außenarbeit in der Auffangstation zu machen. "Früher war es für mich selbstverständlich, um 3.30 Uhr morgens aufzustehen. Dann bin ich in die Auffangstation gefahren und habe dort die Tiere versorgt. Danach ging es sofort nach Hause, damit ich dort noch meinen kranken Bruder betreuen konnte, bevor ich um sechs zu meiner eigentlichen Arbeit oder zur Chemotherapie gefahren bin."

Das Fazit, das beide Frauen teilen, fasst Petra Steine in einem Satz zusammen. "Ich bin glücklich und zufrieden mit meinem Leben - und ich weiß nicht, ob ich den ganzen Murks so überstanden hätte, wenn ich den Tierschutz nicht gehabt hätte!"