14 Mio. Euro als jährliches Defizit hatte der scheidende Bürgermeister Ulrich Schulte für die kommenden Haushaltsjahre prognostiziert, hatte Plettenberg als Stadt auf dem Weg in ein Haushaltssicherheitskonzept dargestellt, eine Haushaltssperre bereits für den Herbst in den Raum gestellt. Das Wirtschaftsgespräch der SIHK, in dem sich die drei Bürgermeisterkandidaten vorstellten, kreiste zwangsläufig ums Geld. Wie und wo kann die Stadt sparen?

Aus dem Publikum kam die Frage, wo im Etat gespart werden könne, um an anderer Stelle zu investieren. Ralf Beßler antwortete „Ich kenne die Kasse nicht so gut wie die, die seit 20 Jahren dabei sind.“ Er werde Investoren gewinnen und Fördergelder einwerben, um Wohnbebauung in der Innenstadt zu verwirklichen und gebrauchte Häuser in den Außenbezirken an neue Eigentümer zu vermitteln. - Detlef Krüger erinnerte daran, dass nur 14 Prozent des Haushaltes noch disponibel sind; 86 Prozent sind durch auferlegte Verpflichtungen gebunden. Unter seiner Ägide würden Schulden nur für investive Dinge, nicht für den Konsum, gemacht. Beim Sparen könne man nicht, bemühte er ein Beispiel, pauschal auf den Bauhof zeigen. Krüger lobte (um den Wert des Bauhofes zu demonstrieren) den Zustand der Stadt, erwähnte beispielhaft den stets sauberen Zustand der Bahnhofsunterführung. Würde er Bürgermeister, werde mit dem Team darüber befinden, wo es finanziell hingehe und wo Einsparungen möglich und vertretbar seien. - Patrick Hansmann nannte ebenfalls den Bauhof. In „Prozessen und Abläufen“ seien hier Einsparungen zu erzielen. Er erwähnte das Absenken von Standards und eine verstärkte Digitalisierung. „Dann bleiben Mittel übrig, um wieder zu investieren. Jeder wird irgendwo Abstriche machen müssen. Gemeinsam müssen wir diskutieren, wo das sein wird.“

Zum Themenkomplex Verkehr und Infrastruktur fragte Moderator Dr. Ralf Geruschkat „Wie lässt sich die Mobilität der Zukunft gestalten“. Explizit forderte er eine Positionierung zur Elsetal-Entlastungsstraße ein. - Patrick Hansmann („Wir sind eine Landkommune“) beklagte, dass es an der eigentlich positiv gesehenen Bahn „hapere“. Die Bahn könne für überregionale Verkehre ausgebaut werden. Das MVG-Angebot gelte es zu erhalten. Die überregionalen Straßen seien in schlechtem Zustand, zur Instandsetzung arbeite die Stadt mit Straßen.NRW zusammen. „Ich bin gegen die Elsetal-Entlastungsstraße, wenn die Finanzierung nicht durch das Land erfolgt.“ - Detlef Krüger gestand der MVG zu, eine teure Einrichtung in Kreishand zu sein, aber genau das sichere eine flächendeckende Versorgung mit Nahverkehrsleistungen. Im Hochsauerland – dort gibt es keinen kreiseigenen Busbetrieb – sehe es deutlich schlechter aus. Krüger will sich um autonomes Fahren im Öffentlichen Personennahverkehr kümmern („Der richtige Weg“) und will dazu Modellprojekte und Förderprogramme mitnehmen. Die Bahnstrecke sei wichtig; der ergänzende Bahnbetrieb durch die Märkische Eisenbahngesellschaft (MEG in Eiringhausen) mit Umladebahnhof und Rangier-/Zustellbetrieb sei wertvoll. Wenn die Elsetal-Entlastungsstraße durch das Land finanziert werde, sage er ja zu dem Projekt. - Ralf Beßler stieg mit der Elsetal-Entlastungsstraße (EES) ein: „Ich bin gegen die EES; das sind alles Steuergelder. Alle Unternehmen wollen sie nicht.“ Der MVG werde er in Gesprächen klarmachen, dass das Angebot etwas ausgebaut werden müsse. Der Bürgerbus solle wiederbelebt werden. „Bei der Bahn sind wir chancenlos.“ Was den Straßenbau angeht, werde er jede Woche einen Mitarbeiter nach Düsseldorf schicken. Motto: So lange der Landesregierung auf den Nerv gehen, bis die Straßen wieder voll benutzbar sind.
Aus dem Publikum kam die Frage, was die drei Bürgermeisterkandidaten für die Industrie zu tun gedächten. - Ralf Beßler begann einen umfänglichen, aus zahlreichen Punkten bestehenden Negativkatalog vorzulesen und trug vom Blatt Positionen der SIHK zur Standortpolitik vor, wurde darin aber vom Moderator eingebremst. Er, Beßler, werde sich um interkommunale Gewerbegebiete, um einen „Wirtschaftsbeirat im Dialogformat“ und um die Themen Wasserstoff und Medizintechnik kümmern. - Detlef Krüger bot persönliches Engagement an: „Ich komme kontinuierlich bei den Unternehmen vorbei und höre zu.“ Wo Probleme aufträten, die womöglich mit der manpower des Rathauses gelöst werden könnten, „helfe ich mit der Mannschaft“. - Patrick Hansmann erbot sich, Standortnachteile durch weiche Faktoren (Schule, Kita etc.) auszugleichen. Neue Gewerbeflächen sollten bereitgestellt werden, „auch so, dass mit weniger Fläche mehr rausgegeholt werden kann.“ Die Verwaltung müsse sich ändern, dienstbarer sein: „Weg vom es geht nicht weil, hin zum es könnte klappen.“

Eine weitere Frage aus dem Publikum zielte auf eine alternative Ausrichtung der Plettenberger Industrie ab: „Lassen sich durch die Industrie andere Kundenbereiche erschließen?“ Angesichts des erklärten Aus für den Verbrennermotor könne zum Beispiel die Wehrtechnik Beschäftigungslücken schließen. - Ralf Beßler: „Ja, ich bin sehr dafür.“ - Patrick Hansmann: „Das ist eine Firmensache; ich bin relativ offen dafür, setze aber auf die Innovationskraft der Industrie.“ - Detlef Krüger erinnerte in seiner Antwort einleitend daran, dass es einst in Plettenberg Bandweber gab – lange her, nur noch Insidern bekannt. Und: „Diese Stadt hat viele Krisen bewältigt.“ Die Industrie müsse Ideen entwickeln „und wir begleiten Sie dabei. Wir sind Ihr Sprachrohr nach Düsseldorf!“
(wird fortgesetzt)
Teil 1 dieser Reihe: Drei wollen‘s, einer wird’s: Neuer Bürgermeister erbt leere Kasse
Teil 2 dieser Reihe: Drei Männer, die Plettenberg ein Angebot machen