Interview.
Nach dem Rückzug der langjährigen Ratsherren Ulrich Ferron und Franz Pietsch stellt sich die FDP Breckerfeld zur kommenden Kommunalwahl personell neu auf – und geht dabei einen bedeutenden Schritt: Erstmals führt mit Sarah Menna eine Frau die Liste der Liberalen für einen Sitz in der Breckerfelder Stadtvertretung an. Im LokalDirekt-Interview spricht sie über ihre Motivation, ihre politischen Ziele – und darüber, was sie als neue Spitzenkandidatin der FDP bewegen will.
LokalDirekt: Frau Menna, was hat Sie persönlich zur Kommunalpolitik motiviert?
Sarah Menna: "Ich komme aus einer politisch interessierten Familie. Für meine Eltern gehörte das politische Tagesgeschehen schon mit an den Frühstückstückstisch und bei meinem Mann und mir ist das ähnlich. Vor rund 8 Jahren, nachdem wir zunehemend irritiert Richtung ploitisches Berlin blickten, kam der Gedanke, dass man mit privaten Diskussionen allein nichts wird ändern können. Das war der Moment, an dem wir unsere Mitgliedsanträge für die FDP ausfüllten, um uns auf kommunaler Ebene aktiv einbringen zu können."
Sie sind auf Listenplatz 1 der FDP Breckerfeld. Damit tritt die FDP zum ersten Mal mit einer Frau als Spitzenkandidatin an. Wie haben Sie diese Entscheidung aufgenommen?
"Ich war doch sehr überrascht mich plötzlich auf Listenplatz 1 zu sehen. Trotzdem war die Entscheidung des Ortsverbandes logisch nachvollziehbar. Immer das Gleiche zu machen und ein anderes Ergebnis zu erwarten, macht bekanntlich wenig Sinn. Also warum nicht mal neue Wege gehen und eine Frau unter 50 ganz nach oben stellen?"
Mit Ihrer Nominierung vollzieht sich ein sichtbarer Generationenwechsel in der Ratsarbeit der Partei. Haben Sie von den erfahrenen Ratsherren Ulrich Ferron und Franz Pietsch bereits Ratschläge oder Unterstützung für Ihre neue Rolle erhalten?
"Mit Ulrich Ferron und Franz Pietsch verlassen zwei ‚Urgesteine‘ den Rat und somit sehr viel Erfahrung. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mir von ihnen sofort Unterstützung angeboten wurde. Mit konkreten Ratschlägen halten sich beide eher zurück, schließlich ist der Generationenwechsel ja auch gewollt und der Ortsverband steht hinter der Idee, auch neue Prioritäten setzen zu können. Ich weiß aber genau, dass ich jederzeit mit Fragen auf die beiden zukommen kann."
Was möchten Sie anders oder neu machen?
"Ich möchte, dass die Parteien in Breckerfeld voneinander unterscheidbarer werden und die Bürger eine ernsthafte Wahl haben. Anhand der Bürgermeisterwahl ohne Gegenkandidaten sieht man aktuell, dass das eher nicht der Fall ist. Wenn man respektvoll miteinander umgeht, kann und darf auch in der Sache um die besten Lösungen gestritten werden. Deshalb werde ich bei Vorschlägen, die ich nur für die zweit- oder drittbeste Lösung halte, nicht die Hand heben, nur ‚weil man in Breckerfeld alles gemeinsam entscheidet'."
In einer Mitteilung der FDP heißt es, dass durch Ihre Kandidatur mehr „weibliche Themen und Ansichten“ in die Politik einfließen sollen. Was bedeutet das konkret?
"Weibliche Ansichten sind, wie ich finde, manchmal durch einen breiteren Blick geprägt. Wer bei Problemen und Projekten einmal einen Schritt zurückgeht und zunächst das Große und Ganze betrachtet, kommt auf andere und oft auch auf bessere Lösungen. Diese Art auf Probleme zu schauen ist sicher in Teilen auch meinem Beruf geschuldet.
Ein wichtiger Faktor für Familien heute ist beispielsweise die Zeit ist. Breckerfeld ist eine Gemeinde von Auspendlern. Die Breckerfelder verbringen also einen großen Teil ihrer Zeit fernab ihres Wohnortes. Familie und ehrenamtliches Engagement, das in Breckerfeld immer noch sehr hochgehalten wird, benötigen jedoch diese Zeit. Und hier sehe ich eine Verknüpfung von Wohnbaupolitik mit Gewerbeansiedlungen. Beides muss stärker zusammenwachsen. Wer vor Ort seinen Arbeitsplatz hat, spart sich die weiten Wege und hat mehr Freiraum für Familie und Ehrenamt, statt seine ohnehin schon knappe Zeit beim Pendeln verbringen zu müssen. Beim Thema kurze Wege ist auch ein volldigitales Rathaus wünschenswert. Wer in einem unserer kleineren Ortsteilen wohnt, hat dort, gerade wenn er auf ÖPNV angewiesen ist, eine tagesfüllende Aufgabe vor sich, um zum Rathaus und zurückzukommen."
Welche politischen Themen liegen Ihnen - als Frau - besonders am Herzen?
"Mir liegen sehr viele Themen am Herzen, aber wenn man mich als Frau fragt, dann ist es zum Beispiel die Kinderbetreuung in Breckerfeld. Unsere Kinder sind mittlerweile alt genug, dass es mir problemlos möglich ist, wieder Vollzeit arbeiten zu gehen. Ich habe aber nicht vergessen, wie schwierig es war, für unseren Sohn einen Kindergartenplatz zu finden. Und die Schwierigkeiten gingen aufgrund der begrenzten OGS-Plätze in der Grundschule unvermindert weiter. Leider hat sich daran bis heute wenig geändert. Es wird nicht vorausschauend geplant, sondern eigentlich erst reagiert, wenn auch private Initiativen wie zum Beispiel unsere Tagesmütter in Breckerfeld, an ihre Grenzen kommen. Ich denke, manchmal haben Frauen auch einfach einen anderen Blick, setzen andere Prioritäten, finden andere Lösungswege als die Herren, die schon immer das tun, was sie jetzt tun."
Aktuell hat die FDP zwei Sitze in der Stadtvertretung. Welche Ziele haben Sie oder was erhoffen Sie sich für die Kommunalwahl im September?
"Natürlich hoffen wir, erneut in Fraktionsstärke in den Rat einziehen zu dürfen, gern auch mit mehr als zwei Sitzen. Und wir möchte unsere Mandate nutzen, um Probleme anzusprechen, über die sonst gern hinweggesehen würde und gleichzeitig neue Wege vorschlagen oder - wie bei dem Beispiel der Umgehungsstraße - an alte zu erinnern."
Vielen Dank für das Gespräch.