Doch was ist eigentlich los? Am Donnerstag bekommt LokalDirekt die Information, dass am Abend ein Elternabend in der Einrichtung stattfinden wird. Es ist einer außer der Reihe. Offiziell soll es vor allem um die Auswertung einer Elternbefragung zur Zufriedenheit gehen. Außerdem wird den Eltern in dem Schreiben mitgeteilt, dass es personelle Veränderungen geben wird. Klingt erstmal nicht ungewöhnlich. Jedoch lagen LokalDirekt Informationen vor, dass es im Rahmen des Elternabends um weit mehr gehen soll. So stehen schwere Vorwürfe im Raum. Unter anderem soll der Umgang mit den Kinder teilweise sehr grob gewesen sein, sogar körperlich, Erziehungsmethoden seien hart und veraltet. Auch verbal gebe es oft Entgleisungen. Sowohl vom Vokabular als auch von der Lautstärke. Eine Mitarbeiterin sei daher bereits seit März freigestellt – offiziell würde sie jedoch als krank gelten. Eine weitere Mitarbeiterin, die in den Fall verwickelt sei, werde zum Sommer die Einrichtung verlassen und würde bis dahin Bürodienst leisten. Auch das Jugendamt des Märkischen Kreises sei inzwischen involviert worden. Der Träger dementiert derweil die Vorwürfe. Es sei schlicht falsch, das zu behaupten.
Es gibt Eltern, die sich doch überrascht zeigten, wie emotional und heftig der Abend gewesen sein soll. Erzieherinnen hätten geweint und es sei um weit mehr gegangen als aus der Einladung hervorging. Allerdings haben viele Eltern von den Vorwürfen zum ersten Mal gehört. Ihre Kinder gehen gerne in den Kindergarten. Eltern und Kinder fühlen sich wohl und erleben ein Miteinander. Doch lauter sind die, die erzählen, dass deren Kinder nicht gerne in die Einrichtung gehen und berichten, dass viel geschimpft werde und die Kinder sogar Verhaltensauffälligkeiten nach dem Kita-Besuch zeigen würden. Zudem hieß es, dass es vermehrt zu Problemen innerhalb des Teams gekommen sei, seit die Leitung aus Nachrodt auch die Einrichtung in Wiblingwerde leitet. Es hätten sogar Mitarbeiterinnen gekündigt.
LokalDirekt fragt beim Träger nach. Noch am selben Tag meldet sich Carsten Schmidt, Geschäftsführer des Trägerverbunds für evangelische Kindertageseinrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Iserlohn: „Die in Ihren Anfragen enthaltenen Vorwürfe der Kindesmisshandlung, des Mobbings, disziplinarischer Interventionen sowie einer intransparenten Kommunikation weise ich entschieden zurück.“ Im April habe eine allgemeine Zufriedenheitsabfrage in den 23 Kindertageseinrichtungen des Trägerverbundes stattgefunden, welche ebenso in den Kitas Nachrodt und Wiblingwerde durchgeführt worden sei. Diese Abfrage sei anonym gewesen und sei an jede Familie aller Einrichtungen in der Trägerschaft verteilt worden. Die Auswertung und Bekanntgabe der Ergebnisse erfolge im direkten Austausch zwischen Eltern, der Kindertageseinrichtung und dem Träger. Genau darum sei es im Rahmen des Elternabends gegangen. „Transparenz und Kommunikation auf Augenhöhe sind fester Bestandteil unseres Qualitätsmanagements. Aus diesem Grund fand am 15.05.2025 eine Elternversammlung statt. Die Ergebnisse der Zufriedenheitsabfrage waren überwiegend positiv. Darüber hinaus gab es wenige Einzelrückmeldungen, in denen Verbesserungspotential angemerkt wurden. Diese nehmen wir sehr ernst“, betont Carsten Schmidt.
Und weiter: „Unsere Einrichtung und der Träger halten Konzepte vor, die unter anderem ein Beschwerdemanagement vorsehen, über welches sich Eltern, der Elternrat, direkt an die Einrichtung oder den Träger wenden können. Ebenso können sich Eltern an das örtlich zuständige Jugendamt wenden, um Meldungen und Themen anzubringen. Aus Transparenzgründen nahm an der Elternversammlung ebenso die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes teil. Die Veranstaltung fand in einem konstruktiven Austausch mit den Eltern statt. Veränderungsvorschläge und Entwicklungen wurden besprochen und Perspektiven dargestellt.“
Bei den Gesprächen auf der Elternversammlung sei auch deutlich geworden, dass die neue Leitungsstruktur, mit einer Gesamtleitung für beide Einrichtungen und einer Stellvertretung in jeder der Einrichtungen, bei einigen Eltern erläuterungsbedürftig gewesen sei. „Dies konnte jedoch geklärt werden. Vielmehr wurde insgesamt deutlich hervorgehoben, dass das Einrichtungsteam mit den (stv.) Einrichtungsleitungen eine gute wertschätzenden Zusammenarbeit pflegt“, erklärt Schmidt.
Das Einrichtungsteam gewährleiste eine professionelle und gute Betreuung der ihnen anvertrauten Kinder. Ebenso werde „nach den bestehenden (Schutz-)Konzepten der Einrichtung gehandelt und diese durch die Fachberatung regelmäßig begleitet“.
Alexander Bange, Sprecher des Märkischen Kreises erklärte, dass das Jugendamt auf Einladung des Trägers dort gewesen sei. Das Jugendamt betont: „Eine akute Kindeswohlgefährdung lag nicht vor.“ Gleichwohl wird bestätigt, dass es eine Meldung zur Kinderwohlgefährdung durch die Einrichtung gegeben habe. „Diese Meldung wurde durch das Jugendamt MK und das Landesjugendamt geprüft. Handlungsanweisungen wurden dem Träger gegenüber gemacht. Der Träger hat sofort Maßnahmen ergriffen, um das Wohl der Kinder, auch im Verdachtsmoment, sicherzustellen.“ Was genau das bedeutet und ob damit auch die im März erfolgte Freistellung einer Mitarbeiterin gemeint sein könnte, bleibt offen.
Auch ist unklar, was genau den Erzieherinnen vorgeworfen wird. „Es war die Rede davon, dass etwas vorgefallen ist, aber ich weiß nicht was“, sagte eine Mutter aus dem Elternbeirat. Die Mitglieder des Elternbeirats und Carsten Schmidt trafen sich am Dienstagnachmittag mit LokalDirekt zum Gespräch. Die Mutter erklärte, dass es natürlich ein komisches Gefühl sei, zu wissen, dass da etwas gewesen sein könnte, ohne Details zu erfahren. Sie betont aber auch, dass sie sich in der Einrichtung wohlfühle. Und das bekräftigten auch die anderen drei Frauen aus dem Elternbeirat. „Wenn es Probleme gibt, spricht man diese an. Meine Tochter erzählte beispielsweise mal, dass sie im Stehen essen müsse. Ich habe nachgefragt und mir wurde erklärt, dass sie immer ihre Füße auf den Tisch gelegt habe. Da war es für mich eine logische Konsequenz“, erzählt Marie Hoffmann. In einem anderen Fall habe sie gesehen, dass jemand ihre Tochter am Arm gehalten hat. „Ich hab gesehen, dass sie sich dann einfach fallen lassen hat. Da konnte die Erzieherin ja gar nicht loslassen, sonst wäre das Kind voll auf den Boden gefallen und hätte vermutlich schlimmere Verletzungen gehabt.“ So gäbe es, wenn man die Erzieherinnen anspreche, immer eine Erklärung. Zudem gäbe es viel Positives und sie habe sich auch bewusst für diese Einrichtung entschieden. „Beispielsweise läuft das Töpfchentraining hier super oder Geburtstage werden richtig toll gefeiert“, erzählt Marie Hoffmann.
Bleibt die Frage mit den zwei Mitarbeiterinnen, die genau jetzt die Einrichtung verlassen. Beide sind älter und schon seit Jahrzehnten dabei. „Das geschieht im gegenseitigen Einvernehmen. Sie bekommen noch einmal eine neue Herausforderung innerhalb des Trägers“, erklärt Carsten Schmidt. Auf die Frage, ob es nicht ein ungewöhnlicher Vorgang sei und nicht vielleicht doch etwas mit den Geschehnissen zu tun hat, antwortete Schmidt: „Wie gesagt, die Entscheidung ist im gemeinsamen Gespräch gefallen. Und es ist nicht ungewöhnlich, dass auch ältere Mitarbeiter sich noch einmal verändern.“ Und genau das sei auch den Eltern in einem Schreiben vom 16. Mai mitgeteilt worden.
Schmidt zeigte sich auch überrascht über die Dynamik, die dieses Thema entwickelt habe. „Wenn da solche Dinge und Zusammenhänge konstruiert werden, ist das schlicht falsch.“ Marie Hoffmann erklärt zudem: „Es waren von 50 Familien ja gerade einmal 16 da. Und gerade mal eine Handvoll Eltern sind unzufrieden. Wenn es so schlimm wäre, dann wären doch gewiss mehr Eltern gekommen. Die meisten haben wirklich zum ersten Mal davon gehört, dass es solche Probleme überhaupt gab.“ Andere Eltern kritisieren im Gespräch mit LokalDirekt hingegen, dass nicht kommuniziert worden sei, dass es um ernstere Themen als die Qualitätsanalyse gehen sollte und da bisher wenig Raum für Kritik da gewesen sei, wäre man dort auch nicht hingegangen.
Die Stimmung in der Einrichtung sei aktuell schwer zu beschreiben. Einserseits bekämen die Erzieherinnen Berge von Schokolade, weil Eltern sich bedanken möchten. Andererseits herrscht bei den Eltern große Unsicherheit, was wirklich dran ist und wie hart die Erziehungsmethoden nun wirklich sind. Viele hinterfragen den Umgang und Sanktionen. „Das Team ist derweil total verunsichert und weiß gar nicht mehr, wie es sich richtig verhalten soll“, sagt Marie Hoffmann.
Die beiden nun offenen Stellen seien inzwischen ausgeschrieben und werden schnellstmöglich neu besetzt, berichtet Carsten Schmidt. Die Einrichtung sei dennoch derzeit nicht unterbesetzt.