Doch was ist eigentlich passiert? Während der Sperrung der Lennebrücke startet der fraktionslose Ratsherr Aykut Aggül eine Unterschriftenaktion für den schnellen Neubau einer Brücke. Er will damit zeigen, wie wichtig den Nachrodt-Wiblingwerdern dieses Bauprojekt ist. Er möchte die Unterschriften persönlich in Düsseldorf übergeben und bekommt dafür einen Termin. Er lädt die anderen Ratsmitglieder ein, mitzukommen. Doch nur Sonja Hammerschmidt (UWG) und Iris Krutz (CDU) melden sich. Iris Krutz war letztlich verhindert und konnte doch nicht mit. Seitens der SPD habe sich niemand gemeldet.
In Düsseldorf nahmen sich Thorsten Schick und Matthias Goeken Zeit, um mit den Nachrodtern über die Problematik zu sprechen. Im Rahmen des Gesprächs lädt Aykut Aggül die Landtagspolitiker zu einem Termin vor Ort ein. Sie sollen selbst sehen, wie kompliziert die Lage ist. Ein paar Wochen später melden sich Thorsten Schick und Matthias Goeken daraufhin mit einem Terminvorschlag. Aykut Aggül teilt diesen in den sozialen Medien und in der Presse. Lädt alle Bürger ein, zu diesem Termin zu kommen, um selbst mit den Politikern ins Gespräch zu kommen. Anfang Juni erscheint im Altenaer Kreisblatt ein Pressetext. In dem es heißt, dass die Bürgermeisterin und andere Ratsmitglieder, die namentlich nicht genannt werden möchten, verwundert gewesen seien über den Termin und nicht informiert worden wären. Wenige Tage später wurde der Termin seitens der Landtagsabgeordneten abgesagt.
Nun brodelt ein Konflikt. Die einen sagen ganz klar, dass persönliche Befindlichkeiten der Sache schaden, andere weisen die Schuld zurück. Inzwischen ist klar, dass die Kritik überwiegend aus den Reihen der SPD kam. Man habe sich nicht bei Aykut Aggül anmelden wollen. Alle Fraktionen, Thorsten Schick, Aykut Aggül und die Bürgermeisterin haben inzwischen Stellung dazu genommen. Die Fronten sind durchaus verhärtet.
LokalDirekt fragte zunächst Thorsten Schick, ob die Absage wirklich aufgrund der fehlenden Geschlossenheit im Rat erfolgte. „Vorsitzende von Landtagsausschüssen bekleiden ihr Amt parteipolitisch neutral. Deshalb finden die seltenen Besuche vor Ort auch immer unter Einbeziehung von Bürgermeistern oder Ratsmitgliedern statt. Dies muss gewährleistet sein. Sonst kann der Besuch zum Spielball unterschiedlicher kommunaler Interessen werden“, erklärte Schick. Die Möglichkeit zum Austausch mit der Kommunalpolitik sei zwingend nötig. Ob dies im ursprünglichen Zeitfenster am Ende des Monats möglich sei, werde zum Beginn dieser Woche geklärt sein. Sollte dafür kein ausreichendes Zeitfenster zur Verfügung stehen, werde ein Ausweichtermin kommuniziert. „Aus meiner Sicht muss die gesamte Politik vor Ort gemeinsam auftreten. So habe ich die Reaktion der Ratsfraktionen wahrgenommen. Dieses Signal ist angesichts der verkehrspolitischen Herausforderungen im Lennetal unverzichtbar“, betonte Schick.
Bürgermeisterin Birgit Tupat erklärte auf die Frage, warum es überhaupt zu seinem Konflikt kommen konnte und ob der Besuch nicht wichtiger sei als formelle Dinge und persönliche Befindlichkeiten: „Natürlich stand der Termin in meinem Kalender und selbstverständlich wäre ich auch dort hingegangen.“ Jedoch sei das Vorgehen formell schwierig. „Richtig wäre es gewesen, in dem Moment, als der Termin kam, hier in der Verwaltung anzurufen und zu sagen, die kommen, lasst uns das organisieren. Dann hätten wir dieses Theater jetzt nicht“, sagte Tupat. Es gebe einfach Prozesse und Wege, die eingehalten werden müssten. Das würde von ihr verlangt und eingehalten und das fordere sie umgekehrt genauso, um Streitigkeiten wie diese zu verhindern. Sie sieht jedoch nicht nur Aykut Aggül in der Pflicht, sondern auch Thorsten Schick. Sie habe den CDU-Landtagsabgeordneten nach der Veröffentlichung des Termins durch Aykut Aggül kontaktiert und selbst gefragt, warum sie von so einem Termin aus der Zeitung erfahre. „Natürlich ist der Termin wichtig. Jede Chance, auf das Problem aufmerksam zu machen, muss genutzt werden und gerade deshalb, muss es richtig laufen“, betonte Tupat.
Aykut Aggül sieht die Schuld ganz klar bei der Bürgermeisterin und den Fraktionen. Keiner habe sich an der Unterschriftenaktion beteiligt oder Interesse gehabt, die Unterschriften mit zu übergeben. „Sowohl die Verwaltung, wie auch die Ratsfraktionen, hätten, wie angeboten, an der Initiative, gemeinsam Unterschriften für den Neubau der Brücke zu sammeln, teilnehmen und uns wenigstens mit Ihrer Unterschrift unterstützen können. Auch das ist ausgeblieben“, erklärt Aggül. Das habe er bis zum heutigen Zeitpunkt nicht angesprochen, denn es müsse jeder für sich selbst entscheiden, wie er sich engagieren möchte. „Fakt ist, dass ein wichtiger Termin für unsere Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde und der gesamten Region ausbleibt, aus persönlichen Gründen seitens der Bürgermeisterin Tupat und den beiden Ratsfraktionen CDU und SPD in Nachrodt-Wiblingwerde“, sagte Aggül. Scharf geht er im Gespräch mit LokalDirekt die SPD an. „Herr Schröder möchte veranlassen, die fraktionslosen Ratsmitglieder mundtot zu machen.“
Philipp Olschewski, Fraktionsvorsitzender der CDU distanziert sich jedoch klar von der Kritik. Er und seine Fraktion seien nicht involviert und zu Unrecht im Gespräch: „Ich habe in der Vergangenheit ja schon sehr häufig gesagt, dass wir uns nicht mit persönlichen Befindlichkeiten aufhalten dürfen. Unser Ziel muss es sein, dass Nachrodt eine neue Brücke bekommt. Dementsprechend bin ich nicht beleidigt.“ Er und die CDU hätten sich auch nicht in irgendeiner Weise dazu geäußert. Angemeldet zur Veranstaltung hatte sich seitens der CDU allerdings nur Iris Krutz.
Sonja Hammerschmidt, Vorsitzender der UWG, wird deutlich. In einem offenen Brief an Thorsten Schick schrieb sie: „Nicht nur ich, die ja zur Übergabe der Unterschriftenliste dabei war, habe von diesem Termin erfahren. Herr Aggül hat den Termin nach Ihrer Ankündigung an die Presse weitergegeben, sowohl im Altenaer Kreisblatt, wie auch unter LokalDirekt ist von Ihrem Besuch zu lesen und jeder konnte sich bei Herrn Aggül melden, wenn er beim Besuch dabei sein wollte. Es kann also keinesfalls davon die Rede sein, dass dieser Besuch an Rat und Verwaltung vorbeigeplant worden ist.“ Es erwecke den Anschein, dass es sich um persönliche Befindlichkeiten von Ratsmitgliedern handle, die nunmehr dagegen schießen würden „und es Herrn Aggül wahrscheinlich nicht gönnen, dass gerade ihm dieser Besuch zugesagt worden ist“. Weder der Unterschriftenaktion sei man gefolgt, noch der Einladung von Aykut Aggül die Übergabe der Unterschriften zu begleiten. Niemand außer ihr und zunächst Iris Krutz sei der Einladung gefolgt.
Etwas Verständnis zeigte Hammerschmidt jedoch für die Reaktion der Bürgermeisterin. „Das mag nicht richtig gelaufen sein, hier in Nachrodt-Wiblingwerde wird es aber leider nun so dargestellt, als ob es sich um einen Alleingang des Herrn Aggül gehandelt hat und das ist ja so nicht richtig und das möchte ich gerne klarstellen“, sagte die UWG-Vorsitzende. Sie frage sich, warum Ideen anderer nicht einfach akzeptiert und unterstützt werden könnten. Schließlich ginge es allen um das Gleiche.
Den ganzen Brief an Thorsten Schick, lesen Sie hier:
Im Rahmen der Recherchen wird deutlich, dass sich vor allem die SPD beschwert hat. Dass die SPD und Aykut Aggül, der zuvor Mitglied der SPD war, ein schwieriges Verhältnis haben, ist weithin bekannt. Auf Anfrage gibt Gerd Schröder, Fraktionsvorsitzender der SPD eine umfangreiche Stellungnahme ab. Er sieht die Schuld nicht bei den Beschwerdeführern, sondern bei Aykut Aggül. Als „erfahrenes Mitglied des Rates, hätte er die Bürgermeisterin informieren müssen, die dann Presse und Fraktionen in Kenntnis gesetzt hätte. „So sind die Regeln in einer repräsentativen Demokratie. Ein solches Vorgehen wäre dem Respekt des Amtes und des Rates geschuldet gewesen“, schreibt Schröder.
Dass dieses Procedere „aus dem Ruder gelaufen ist“, da es anschließend ausschließlich in der Berichterstattung der Lokalpresse mitgeteilt wurde, hätten auch die Landespolitiker eingesehen und den Termin abgesagt beziehungsweise vertagt. Schröder: „Wir gehen ganz bestimmt nicht davon aus, dass irgendwelche Befindlichkeiten der Orts-SPD, sollte es sie denn geben, Einfluss auf Termine des Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, Matthias Goeken, haben werden.“
Die gesamte Stellungnahme der SPD lesen Sie hier:
Ob und wann es einen neuen Termin für ein Treffen in Nachrodt gibt, ist aktuell noch offen.