„Gelegenheit macht Diebe", bringt es ein Verteidiger in einer Schöffengerichtssitzung im Amtsgericht Lüdenscheid auf den Punkt. Auf seinen Mandanten trifft das jedenfalls zu. Im Rahmen seiner Pflegertätigkeit klaut der 32-Jährige in den Märkischen Kliniken in Lüdenscheid über fünf Monate hinweg 17 Mal Ultraschallsonden, Ultraschallköpfe und Infusionspumpen.
Er verkauft die medizinischen Geräte für 500 bis 1000 Euro an einen Onlineshopbetreiber. Der wiederum verdient bei den meisten Weiterverkäufen 4500 Euro pro Stück. Insgesamt geht das Klinikum von einem Schaden um die 80.000 Euro aus. In der Anklageschrift geht es um 22.000 Euro für einen Teil der Geräte. Für die restlichen kann im Strafprozess keine Summe festgelegt werden. Das wird in einem Zivilverfahren im Mittelpunkt stehen.
Der Angeklagte legt ein vollumfängliches Geständnis ab
Angefangen habe alles mit einem kleinen Ultraschallgerät, das er aus seinem Privatbesitz an den späteren Dauerabnehmer verkauft habe. Der Käufer habe gesagt, wann immer der 32-Jährige Geräte habe, könne er sich melden. „Es hat sich zum Selbstläufer entwickelt", sagt der Lüdenscheider. Eine rationale Erklärung für die Diebstähle kann er nicht liefern. Der Mann gibt an, zusätzlich zu seiner Tätigkeit im Krankenhaus, einen Nebenjob gehabt zu haben: „Ich war damit überfordert. Ich habe mich verrannt in dieser Situation. Ich hätte es finanziell nicht nötig gehabt."
Den Erlös aus den Verkäufen - etwa 10.000 Euro - habe er zum Großteil gar nicht ausgegeben, sondern zur Bank gebracht. Über die wahren Werte der Geräte sei er sich nicht im Klaren gewesen. 22.000 Euro habe er inzwischen zurückgezahlt.
Der Abnehmer der Sachen sagt im Zeugenstand aus. Er betreibe einen Onlineshop, so der 33-Jährige. Einige Zeit vor den Straftaten habe er den Angeklagten durch den Ankauf eines Ultraschallgerätes kennengelernt. „Er hat gesagt, er ist Arzt, und, dass seine Kollegen die Geräte nicht mehr bräuchten und sie wegwerfen würden", erläutert der Zeuge, warum er nicht misstrauisch geworden war.
Auch ein Verwaltungsangestellter der Märkischen Kliniken wird im Gericht vernommen. Er beschreibt, wie der Angeklagte ins Visier geraten war. Der 49-Jährige erklärt, dass er unter anderem für Verlustmeldungen zuständig sei. Nach den ersten Vorfällen seien Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden. Sondenköpfe seien jeden Tag abmontiert und separat eingeschlossen worden. „Es hörte aber trotzdem nicht auf", sagt der 49-Jährige. Ein Mitarbeiter habe irgendwann bei Ebay mittels Gerätenummer ein Teil aus den Kliniken entdeckt. Die Spur habe zum Angeklagten geführt. Diesem sei daraufhin gekündigt worden. Zu Folgen für Patienten sei es aufgrund von mehreren vorhandenen Geräten durch die Diebstähle nicht gekommen, gibt der Zeuge an.
Der Angeklagte bringt ein leeres Vorstrafenregister mit zur Verhandlung. Zusammen mit dem Geständnis, der glaubhaft beteuerten Reue, der Rückzahlung der 22.000 Euro sowie einer positiven Bewertung seines neuen Arbeitgebers - der von dem Verfahren weiß - wirkt sich die strafrechtliche Unvorbelastung positiv auf die Urteilsfindung aus. Gegen den 32-Jährigen spricht allerdings die große Anzahl an Taten innerhalb kurzer Zeit. Das Gericht verurteilt den Angeklagten am Ende zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung. Als Auflage muss der Mann innerhalb von drei Jahren monatlich 300 Euro an die Kliniken und 200 Euro an das Kinderhospiz in Olpe zahlen. Insgesamt beläuft sich der zu zahlende Betrag auf 18.000 Euro.