Auf Einladung der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) kamen am 29. Juli drei der Schalksmühler Bürgermeisterkandidaten zum Wirtschaftsgespräch zusammen. Sie informierten in der öffentlichen Veranstaltung die Gäste unter anderem über ihre Pläne für den Ortskern, Wohn- und Gewerbegebiete sowie Steuern. Trotz der teils unterschiedlichen Ansichten der Kandidaten kam wenig Duell-Stimmung auf, es zeigte sich vielmehr der faire Wahlkampf, der offenbar in der Volmegemeinde herrscht.
Zu Gast waren Roman Bossart (UWG), der SPD-Kandidat Hajo Kapfer sowie André Krause von der CDU. Der vierte, parteilose Kandidat Christian Breddermann war beruflich verhindert.
Lumberg-Geschäftsführerin und Gastgeberin Meike Schmidt betonte in ihrer Begrüßung: „Die Kommunalwahl findet in einer Zeit des Umbruchs und wirtschaflicher Unsicherheiten statt.“ Als Beispiele führte sie unter anderem die Corona-Pandemie, den Fachkräftemangel, die "BrüLüLü" - die Brückenlücke Lüdenscheid auf der A45 - sowie auch das Hochwasser 2021 an. Aus diesem Grund ist sie der Überzeugung: „Insbesondere gilt es, den kommunalen Schulterschluss zu wahren und die Probleme der Region gemeinsam anzugehen.“
Auch der amtierende Bürgermeister Jörg Schönenberg ließ es sich nicht nehmen, ein Grußwort an die Teilnehmer der Veranstaltung zu richten. Er stellte unter anderem die Finanzen der Gemeinde in den Mittelpunkt seiner Rede: „Bis Ende 2023 hat die Gemeinde von guten Überschüssen leben können.“ Dies werde sich in Zukunft jedoch ändern, so Schönenberg. Sogar die Möglichkeit der Haushaltssicherung brachte er ins Gespräch, erwähnte als einen der Gründe dafür die Kreisumlage: „Da haben wir steigende Kosten. Die explodieren regelrecht“, sagte er mit Blick auf die Abgaben an den Märkischen Kreis. Zudem appellierte er: „Das bedeutet natürlich, dass Bund und Land in diesem Punkt mehr Verantwortung übernehmen müssen.“ Aus Bundes- und Landespolitik war jedoch kein Vertreter anwesend. SPD-Landtagsabgeordneter Gordan Dudas wollte dem Gespräch gerne als einer der rund 50 Gäste beiwohnen und hatte sich im Vorfeld angemeldet, schaffte es jedoch zeitlich nicht.
Zwei Minuten pro Antwort
Die Moderation des Gespräches übernahm SIHK-Vollversammlungsmitglied Matthias Bittern. Er ist Geschäftsführer des Lüdenscheider Heiztechnikspezialisten WEMA und stellte als neutraler Gastgeber Fragen, band das Publikum mit ein und achtete darauf, dass die drei Kandidaten sich an ihre zeitliche Begrenzung von zwei Minuten pro Antwort hielten. Mit seiner ersten Frage zäumte er das Pferd von hinten auf.

„Jetzt stellen sie sich mal vor, wir sind nicht am Anfang, wir sind im Jahre 2030, was hat sich bis dahin in Schalksmühle verändert?“ Roman Bossart antwortete ihm: „Im Jahr 2030 treffen wir uns im Hotel zur Post, super Location, der Vorplatz wird schöner sein", und spielte damit auf die aktuelle Sanierung des Objektes in Kernlage an. Zudem bezeichnete er die Weltlage als den „größten Bremsschuh“ für Unternehmen. „Glückliche Unternehmen bringen eine glückliche Gemeinde und damit glückliche Bürger“, konstatierte er.
Hajo Kapfer hingegen hoffte darauf, etwas für den Sportbereich getan zu haben, neue Wohngebiete ausgewiesen zu haben und „in 2030 zwei Schandflecken erledigen zu können: einmal neue Nutzung für das Berker-Gelände und für Outukumpu, hier haben wir neues Gewebewesen ansiedeln können."
Hier war André Krause anderer Meinung: „2030 brauchen wir bedarfsorientierte Flächen, sowohl Gewerbe als auch Wohngebiete. Dass die dann ausgewiesen sind, dafür fehlt mir die Fantasie, dafür dauert das alles etwas lange." Zudem hoffte Krause auf deutliche Veränderungen im Bereich 8Giebel, unter anderem was die Integration der Musikschule in den Kulturort sowie die Parkmöglichkeiten angeht. Auch mit den Bildungseinrichtungen möchte er sich als Bürgermeister bis dahin befasst haben.
Weiter ging es mit einer Frage zu einem persönlichen Projekt, das den Kandidaten am Herzen liegt. Hajo Kapfer blieb sehr vage hinsichtlich der Einbindung der Bürger sowie dem Ehrenamt - Krause hingegen wurde, genau wie Bossart, etwas konkreter. Krause betonte beispielsweise die Wichtigkeit des Ehrenamtes, sah als größtes persönliches Projekt die Belebung des Ortskerns und ein Leerstandsmanagement. Bossart hingegen lag die Schule Spormecke am Herzen, die für ihn auch der Eintritt in die Politik gewesen sei. Er hoffe also auf einen Ausbau der Schule und den Neubau des Feuerwehrgerätehauses.
Weiterentwicklung des Ortskerns
Moderator Matthias Bittern sprang auf den Zug von Krause auf, erwähnte den respektablen zehnten von 396 Plätzen im Kommunalranking NRW für die Gemeinde an der Volme und fragte, wie der Ortskern weiter entwickelt werden solle.
Hier schwebte Kapfer neben Pop-Up-Stores vor allem eine "Flaniermeile" vor, möglicherweise sogar verkehrsberuhigt oder unter Ausschluss des motorisierten Verkehrs in der Bahnhofstraße. Erneut bekam er von André Krause kontra: „Das halte ich für den falschen Weg. Die Einzelhändler – so viele gibt es ja nicht mehr – gehen auf die Barrikaden, wenn man eine Woche nicht durchfahren kann.“ Er hoffe auf optische Aufwertung und Unterstützung durch die Kommune.
In ein ähnliches Horn stieß Roman Bossart: „Blumenschmuck an den Lampen macht es angenehm. Da kann man mit kleinen Akzenten eine Einkaufsstraße zum Verweilen einladen lassen. Das Wichtigste ist aber nicht angesprochen worden. Das ist unser Markenprozess, den wir gerade wissenschaftlich begleitet entwickeln lassen.“ Zudem lobte er das Stadtmarketing und das Leerstandsmanagement - und zwar so ausführlich, dass er als erster der drei anwesenden Bürgermeisterkandidaten an diesem Abend von Bittern an die zeitliche Begrenzung für die Antworten erinnert werden musste.
Trotz der teils längeren Antworten war das Thema für den Moderator noch nicht vom Tisch, er hakte nach, wie speziell die Einwohner der Höhengebiete in den Ortskern gezogen werden sollen. Bossart fasste kurz und knapp zusammen: „Letzten Endes, indem sich die Bürger mit dem Ort identifizieren.“ Er lobte unter anderem das Café Breddermann, das Eiscafé und setzt auch große Hoffnungen in das Hotel zur Post. Auch Krause vertrat die Meinung: „Wenn wir einen attraktiven Ortskern haben, dann locken wir natürlich auch die Heedfelder.“ Zudem bekam er vereinzelten Applaus für die Idee, in Heedfeld, zum Beispiel nahe des Aldi-Supermarktes, einen Drogisten anzusiedeln. Er betonte, er sei gegen „mantrahaften und kategorischen Fokus auf den den Ortskern.“ Hajo Kapfer erinnerte daran, dass die Ansiedlung eines Drogisten seit 20 Jahren nicht funktioniert habe, er hoffe vielmehr auf die Ansiedlung eines Second-Hand-Ladens oder Goldschmiedes im Ortskern und möchte mit diesen außergewöhnliches Angeboten nicht nur Bewohner der Schalksmühler Höhengebiete, sondern auch von Nachbarkommunen locken.
Ein Wochenmarkt für Schalksmühle?
Auf die Nachfrage aus dem Publikum, ob endlich mal wieder ein Markt in Schalksmühle eingeführt werden kann, reagierten alle drei zurückhaltend. Während die Fragestellerin ausführte, dass es in Breckerfeld zum Beispiel sehr gut funktioniere, sahen die anwesenden Bürgermeisterkandidaten unisono Probleme. „Da ist zum Beispiel die mangelnde Akzeptanz die Bürger. Daran ist der letzte Markt gescheitert", stellte Bossart fest. „Wenn ich mich recht erinnere liegt es auch am Platz", machte Krause die fehlende Befahrbarkeit des Rathausplatzes nach der Umgestaltung zum Thema. Kapfer stimmte beiden zu, für ihn liege es in der Kombination der beiden Dinge. Auch er ist der Meinung: „Ich würde nicht sagen, dass es ad hoc funktionieren kann", er stünde einem erneuten Versuch jedoch offen gegenüber.
Breddermann äußert sich im Nachgang
Eine andere Meinung zu diesem Thema vertritt laut LokalDirekt-Informationen Christian Breddermann, der zum Wirtschaftsgesprächstermin verhindert war. Der parteilose Bürgermeisterkandidat antwortet auf Nachfrage am folgenden Tag, dass er aktuell mit der Gemeinde in Gesprächen sei, eine ähnliche Veranstaltung erneut ins Leben zu rufen. Wenn es nach ihm geht, möchte er die erste Auflage schon vor der Wahl steigen lassen. Der Fokus würde sich - wohl auch aufgrund rechtlicher Hürden - jedoch zu einem eher gesellschaftlichen Event unter Einbeziehung der örtlichen Händler verschieben, "aber wenn man in solch einem Rahmen gleich seinen Wocheneinkauf erledigen kann, dann hat man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen", hoffte er im Rahmen des Telefonates. Aktuell, so betonte er jedoch, stehe er noch am Anfang der Planungen.
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Für Kontroverse in der Schalksmühler Politik hatte zuletzt ein CDU-Antrag gesorgt, der die Ausweitung des kommunalen Ordnungsdienstes forderte. André Krause erklärte: „Gelegentlich wird man ja absichtlich missverstanden, wenn man solche Anträge in den Rat einbringt.“ Der Fraktion sei es vor allem um bedarfsgerechte Kontrollen und nicht um dauerhafte Patrouillen gegangen. Roman Bossart sah dahinter ein generelles Problem: „Wir müssen dahin kommen, dass es nicht mehr so woke ist, öffentliches Eigentum zu beschädigen“, ergänzte jedoch: „Ich nehme die Sicherheitslage in Schalksmühle anders wahr". Auch Hajo Kapfer stimmte ihm zu: „Sehe den Antrag kritisch, da stehe ich nicht so hinter“
"Markenprozess in der Finalisierung"
Auf eine Nachfrage zum Thema Markenbildung durch einen Gast, der klar machte: "Ich finde es total schade, dass in Schalksmühle so viel 'verschenkt' wird. Schalksmühle ist das Herz der deutschen Elektroindustrie", was seiner Meinung nach nicht nur in die Marke gehört, sondern auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken könnte, sind alle drei der Meinung, dass neue Gewerbegebiete ausgewiesen werden müssen. Alle drei Kandidaten machten klar, dass der Markenprozess zu Schalksmühle gerade in der Finalisierung durch eine externe Beratung sei, denn "auch im Gemeinderat bestehen viele verschiedene Auffassungen, wie die Marke Schalksmühle aussieht", wie Krause betonte.
Anders als Kapfer, der vier von zehn Hektar für neue Gewerbegebiete als "in Entwicklung" beschreibt, mahnt Krause hier die lange Dauer an, gerade, da es erst der Regionalplan der Bezirksregierung und noch kein Schalksmühler Flächennutzunsplan ist, der vor kurzem verabschiedet wurde. Genau wie Bossart hoffe er, dass sich auch auswärtige Unternehmen ansiedeln. Kapfer hingegen möchte nicht "auf Teufel komm raus für uns werben" und vor allem Erweiterungsflächen für bestehende Unternehmen schaffen.
Über die Wirtschaft lenkte Bittern das Thema auf die Steuern und die Wirtschaftsförderung in Schalksmühle. Hier hingegen blasen alle ins selbe Horn, loben die niedrigen Steuern und sind sich einig: "Wirtschaftsförderung muss Chefsache bleiben", wie Krause es formulierte. Er brachte sogar eine mögliche Kooperation mit den anderen Kommunen "Oben an der Volme" in diesem Bereich ins Gespräch.
Eine weitere Nachfrage aus dem Publikum handelte rund um das Thema Erdwärme. Schnell wurde klar: Keiner der drei Kandidaten fühlte sich in diesem Thema wirklich zu Hause. Kapfer stellte dar: „Die ganze Region Südwestfalen bietet gute Gegebenheiten für Erdwärme.“ Alle drei erwähnten, dass der Bereich Stücken aktuell als Modellregion in Schalksmühle erprobt werde und der Ausschuss für öffentliche Einrichtungen, Umwelt- und Klimaschutz aktuell dazu berate.
Meinungsunterschiede beim Thema ÖPNV
Deutlich interessanter waren die unterschiedlichen Antworten zum Thema ÖPNV, auf die UWG-Mitglied Manfred Trimpop im Zuschauerraum zu sprechen kam. Er machte vor allem Werbung für den Bürgerbus - ein Thema, in dem der parteilose, jedoch abwesende Breddermann als aktiver Bürgerbusfahrer hätte glänzen können.
Roman Bossart betonte: „ÖPNV ist wichtig bei uns als Flächengemeinde", und brachte neben dem Linienbetrieb der MVG und der Deutschen Bahn auch das BEA-Projekt in Meinerzhagen-Valbert zum Thema. „Da glaube ich, dass wir von unseren Nachbarn lernen können“, verwies er auf die Zukunftsvision von selbstfahrenden Bussen, denen er als ITler offen gegenüberstehe.
Auch Kapfer betonte die Wichtigkeit des Bürgerbusses, "der da hin fährt, wo sonst kein Bus fährt." Mit Blick auf den frisch verabschiedeten Nahverkehrsplan auf Kreisebene ergänzte er, dass auch dort Anrufsammeltaxen eine Rolle spielen. Auch in diesem Punkt wich Krause von der Meinung der beiden anderen Kandidaten ab: „BEA, das ist auf Dauer nicht zu finanzieren, da steckt der Märkische Kreis und auch die Stadt Meinerzhagen viel Geld rein, aktuell ist das keine Möglichkeit, die wir hier finanzieren können.“ Als einziger in der Runde sprach er den nicht motorisierten Verkehr an: „Mobilität, da gehören auch Radwege zu, da müssen wir besser werden."
Drei Gründe für die Wahl
In der Abschiedsrunde sollten die drei Kandidaten jeweils drei Gründe liefern, warum gerade sie gewählt werden sollten. Erneut durfte Roman Bossart als erster antworten. Er schien mit dieser Frage gerechnet zu haben und konnte ohne groß nachzudenken antworten: „Ich habe mir viele Gedanken dazu gemacht: Mit jeder Faser meines Körpers bin ich engagiert, bereite mich seit zwei Jahren auf die Kandidatur vor. Ich glaube, dass ich mich als Unternehmer als Bürgermeister in andere Punkte reinversetzen kann als ein Verwaltungs-Bürgermeister und denke, dass 26 Jahre Politikerfahrung etwas ändern können.“
Ähnlich antwortete auch Kapfer, der ebenfalls glaubt, dass der Blick von Außen nicht schlecht ist: „Ich will jetzt nicht sagen, dass in der Verwaltung alles schlecht ist, aber es gibt Abläufe, die ich durch meinen wirtschaftlichen Background anders sehe. Wenn ich jetzt sage der Bürgermeister ist Vertriebler, dann sind die Bürger, die Vereine, die Unternehmer meine Kunden.“ Zudem sehe er als Ältester der Bewerber um das Amt seine Lebenserfahrung als Vorteil.
Krause hingegen, der beruflich als Kreisgeschäftsführer der CDU im Märkischen Kreis arbeitet, betonte, dass er schon jetzt mit sämtlichen Verwaltungen und auch Berufspolitikern in der Region zusammenarbeitet und sowohl im Kreistag als auch in den anderen Kommunen bestens vernetzt sei. „Meine Erfahrung in Sachen Verwaltung und Politik möchte ich gerne einbringen.“ Durch die Erfahrung im Gemeinderat und in verschiedensten Vereinen sei er jedoch auch innerhalb der Gemeinde ein bekanntes Gesicht. Zudem erklärte er: „Ich denke, dass gerade in dieser Zeit Verlässlichkeit wichtig ist. Man muss nicht immer einer Meinung sein, aber man muss verlässlich sein.“

Zum Abschluss der Veranstaltung betonte Claus Hegewaldt von der SIHK: „Wenn sie jetzt hier raus gehen und sagen 'Ich habe unsere Kandidaten näher kennengelernt', dann haben wir einen guten Job gemacht.“ Er überreichte Gastgeberin Meike Schmidt als Dank einen Blumenstrauß, ehe diese alle Anwesenden zu einem gemeinsamen Abendessen in der Lumberg-Kantine einlud, bei denen sich weitere Möglichkeiten der Gespräche mit den Kandidaten sowie den zahlreichen Vertretern der Fraktionen ergaben.