Anna. Ein gewöhnlicher Name – auch im Sauerland. Zumal gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Aber: Anna Kalthoff, geboren 1866, ist eine ungewöhnliche Frau. Ihre Geschichte hat der mehrfach ausgezeichnete Redakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT, Hennig Sussbach aufgeschrieben.
Die 203 Seiten sind Biographie und Zeitgeschichte zugleich. Was ihn dazu bewegt hat, erzählt Hennig Sussebach am 1. September. Der Autor ist Gast der Meinerzhagener Literaturtage. Mit seiner Lesung starten die Buchhandlung Schmitz und die Stadtbücherei ins Programm für das Winterhalbjahr.
1887 kommt Anna nach Cobbenrode. Hier, im Hochsauerland, soll sie die neue Lehrerin werden. Schon das ist ungewöhnlich zu der Zeit. Mehr noch: Anna widersetzt sich den Erwartungen ihres Umfeldes und den Usancen ihrer Zeit. Sie führte ein selbstbestimmtes Leben.
Hennig Sussebach stellt jemanden vor, den er „bis vor Kurzem selbst nicht kannte“, sagt er in einem Video seines Verlags C.H. Beck. Seine Urgroßmutter habe Regeln gebrochen, eine verbotene Liebe gelebt und sich Rechte erkämpft, die Frauen seinerzeit nicht zugestanden wurden. Gerade solche Menschen, die gegen den Strom schwammen, hätten wir unsere Freiheitsrechte, Frauenrechte, unseren Wohlstand und unsere Existenz zu verdanken.
„Wir unterschätzen so viele gelebte Leben“, schreibt er in dem Buch. „Nahezu jeder Mensch wird dem Treiben der Geschichte einmal die Stirn geboten haben. In jeder Biografie spiegelt sich das Weltgeschehen, und jeder unserer Vorfahren hat dieses Weltgeschehen mitgeprägt.“
Büchner-Preisträgerin und Kabarettist auf Gästeliste
Hennig Sussebach liest aus seinem Buch und erzählt, wie er sich auf die Spurensuche gemacht hat. Er ermutigt dazu, selbst nach solchen Menschen in der Familie zu suchen. Den Abend moderiert Dr. Kirsten von Hagen.
Die WDR-Literaturinstanz Elke Heidenreich hat ihr Urteil gefällt: Sie ist begeistert und lobt das Buch als „wunderbar“, da es Zeitgeschichte lebendig werden lasse. Anna sieht sie als Feministin in der Provinz, die nicht wusste, dass in Berlin bereits Frauen für Gleichberechtigung kämpfen. Wer Heidenreichs Hommage überprüfen möchte, kann dies am Montag, 1. September, um 19:30 Uhr in der Aula des Evangelischen Gymnasiums tun.
Die Literaturtage bieten noch weitere Höhepunkte. Ursula Krechel, die kürzlich den Georg-Büchner-Preis verliehen bekommen hat, ist eingeladen, so Wolfgang Schmitz. Der Termin ist noch offen. Bereits feststeht jedoch, wann eine Lesung mit Florian Schröder stattfinden wird. Der scharfzüngige und sprachgewandte Kabarettist wird am 28. Januar 2026 ebenfalls in der Aula des Evangelischen Gymnasiums zu Gast sein. Die Moderation übernimmt Matthias Bongard.