„Beeindruckt“ verließ NRW-Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer am Mittwochabend, 28. Mai, Halver. Beeindruckt vor allem, wie er angab, von dem Ökogebiet „Von der Quelle bis zur Mühle“, das er sich am frühen Nachmittag bei zum Teil „sinnflutartigen Regenfällen“ anschaute. Beeindruckt möglicherweise aber auch von einem regen, konstruktiven Austausch zwischen ihm und den Bürgern, der sich am Abend im Kulturbahnhof anschloss. Rund 70 Interessierte waren der Einladung gefolgt, an der landesweiten Tournee „Grün in Verantwortung“ teilzunehmen, um mit Oliver Krischer, Yazgülü Zeybek, Landesvorsitzende der Grünen NRW, und der Grünen-Bürgermeisterkandidatin Sina Löschke zum Thema „Verkehrswende im Märkischen Kreis“ ins Gespräch zu kommen.
„Wir sind heute ganz schön nass geworden“, berichtete Oliver Krischer am Abend im Kulturbahnhof von seinem Besuch im Halveraner Ökogebiet, das als Ausgleichsfläche für ausgewiesene Gewerbegebiete entstanden ist. „Es fühlte sich zeitweise an wie im Regenwald, ich war ganz begeistert.“

„Ich habe heute eine Ausgleichsfläche gesehen, die absolut gelungen und vorteilhaft ist. Ein ganz tolles Stück Erde.“ Es sei, so Krischer, so sehr gelungen, dass sie als Vorzeigeprojekt gelten dürfe. „Erfolgreiche Umweltpolitik wird hier gelebt“, lobte der Minister die gemeinsamen Anstrengungen und Bemühungen von Stadtverwaltung und dem Verein Heesfelder Mühle.

Mehr Dach und weniger Regenwald gab es dann aber am Abend im Kulturbahnhof. Die Gesprächsrunde eröffnete Krischer mit einem Sachstand zur Rahmedetalbrücke: „Es sieht derzeit so aus, als würden wir früher fertig. Das ist klasse und für diese Region gleichzeitig von immenser Bedeutung.“ Er wisse um die Schäden an Landes-, Bundes- und Kreisstraßen, die der Umleitungsverkehr hinterlasse. „Uns als Land war immer klar, dass wir die Menschen nicht alleine lassen können.“ Krischer berichtete von der Sanierungsoffensive „Straßeninfrastruktur Nordrhein-Westfalen“, bei der 470 Kilometer hochbelasteter Ausweichstrecken saniert werden – LokalDirekt berichtete.
Krischer betonte jedoch auch: Das Grundproblem liege in der Vergangenheit, „als man dachte, alles sei gut, was kann uns passieren.“ Die nun vorhandenen finanziellen Ressourcen müssten nicht auf Neubauten, sondern auf Sanierungen entfallen. „Aber wissen Sie, ich bin vielleicht derjenige im Land, der sich am meisten über eine Baustelle freut. Das heißt: Es geht voran. Wir müssen die Probleme jetzt beseitigen; volle Konzentration auf Erhalt und Sanierung.“
Von seiner Verantwortung nicht davonkommen lassen wolle er den Bund, den er ebenso in der Pflicht sieht, Gelder für Straßensanierungen bereitzustellen. „Der Verursacher dieser A45-Misere ist der Bund. Das örtliche Straßennetz ist dadurch stark beschädigt. Und es hat mich sehr geärgert, wie der Bund sich hier aus der Verantwortung gezogen hat.“ Briefe an den damaligen Verkehrsminister Dr. Volker Wissing seien mit dem Hinweis, nichts für ihn tun zu können, abgekanzelt worden. Krischer versprach, beim Nachfolger Patrick Schnieder (CDU) ebenso hartnäckig zu bleiben.
Im weiteren Verlauf bekamen auch die anwesenden Bürger die Möglichkeit, Fragen an das Trio auf dem Podium loszuwerden. Brennendes Thema, nicht nur bei Bürgermeister-Kandidatin Sina Löschke, war unter anderem der Ausbau der Radwege. Denn: „Ein Umstieg gelingt nur, wenn sich die Menschen sicher fühlen, Bereiche haben, in denen sie gefahrlos fahren können“, weiß Löschke. Tempo 30 in der Innenstadt sei für sie daher unumgänglich. Sie sicherte zu, das Thema weiterhin kommunal auf der Agenda zu haben. Dazu zähle auch die Bemühung um Schnellverbindungen via Bus nicht nur innerhalb des Kreises, sondern auch zwischen den kreisfremden Nachbarkommunen wie Radevormwald, Remscheid oder Wipperfürth. Der Pendlerverkehr müsse entlastet werden. Vor dem Hintergrund der Kreisumlage, die wiederum die ohnehin hoch verschuldete MVG finanziert, sei dies eine große Aufgabe für Kommunen. Dennoch: Es gebe den Radverkehr-Masterplan beim Kreis und den Kommunen. Es müsse nur auch angepackt werden, was wiederum eine Umkehr der Priorität erfordere. Denn, so Löschke: „Radwege haben hier keine Priorität.“

Angesprochen wurde zudem der zum Teil nervenaufreibende Motorradverkehr auf diversen Kleinstraßen auch im Märkischen Kreis. Bisherige Bemühungen der Kommunen, die betroffenen Straßen für die Krads zumindest zeitweise zu sperren, blieben vom Kreis unerfüllt. Krischer berichtete am Mittwochabend von seinem Amts- und Parteikollegen aus Baden-Württemberg, der eine Möglichkeit gefunden habe, mithilfe einer sogenannten atypischen Verkehrssituation zu reagieren. Diese Situation entstehe dann, wenn 15 Prozent des Verkehrs zu bestimmten Zeiten aus Motorrädern besteht. Entstünden dadurch Probleme, wie Unfälle oder Lärm, könnten gesonderte Maßnahmen ergriffen werden. Dieser Erlass sei nun in BW erteilt worden. Die Entscheidungshoheit liege in diesen Fällen bei der Kommune. „Wir wollen das in NRW jetzt auch möglich machen und den Kommunen diesen Spielraum geben“, so Krischer.
Gesprächsthema am Abend war zudem der in weiten Teilen des Kreises „desaströse Zustand“ vieler kleinerer Brücken, wie ein Bürger aus Neuenrade anbrachte. Er kam unter anderem auf das Drama um die Lennebrücke in Nachrodt-Wiblingwerde zu sprechen, zu der sich Krischer umfangreich äußerte (Bericht folgt). Von rund 7000 Brücken in NRW, das wisse er, müssten einige 100 dringend saniert werden. Im Rahmen eines von der Landesregierung aufgelegten Brückenprogramms sollen in den kommenden zehn Jahren 400 nicht saniert, sondern ganz neu gebaut werden. Auch an dieser Stelle repariere man nun die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte. Besonderheit: Es wird funktional ausgeschrieben. Krischer: „Es wird nicht mehr bis ins Detail festgelegt, wie die Brücke auszusehen hat, sondern wir sagen dem Bauunternehmer, dass wir eine Brücke brauchen, die folgende Dinge leisten können muss. Wie Du die Brücke baust, entscheidest Du. Aber es muss schnell gehen.“ Das habe die Realisierungszeit drastisch reduziert, betonte Krischer. Diese Maßnahmen hätten auch klare Priorität vor etwaigen Neubaumaßnahmen. Der Minister: „Die Zukunft einer Region hängt davon ab, dass erstmal die vorhandene Infrastruktur gesichert wird.“


Zwischen Begehung des Halveraner Ökogebiets und der Bürgerversammlung am Abend fand ein Pressegespräch zwischen Minister Oliver Krischer und dem Halveraner Unternehmer und Spediteur Sebastian Kämper statt. Dort ging es ebenfalls um das Thema Verkehr im Märkischen Kreis:
Verkehrsminister Oliver Krischer: „Die maroden Brücken sind die Achillesferse der Region“ | LokalDirekt