Mit der Katze zu spielen, mit dem Hund Gassi gehen zu müssen – das sind Aufgaben, die für viele Menschen den einzigen Sinn in ihr Leben bringen. Oftmals sind das alleinstehende Rentner oder krankheitsbedingt sehr zurückhaltend lebende Menschen, die, bedingt durch ihre Lebenssituation, finanziell an der Grenze zur Armut leben oder diese Grenze bereits überschritten haben.
Wenn aber das Geld kaum reicht, für sich selbst zu sorgen, kann ein Haustier eine echte finanzielle Belastung bedeuten. Monika Dobner wurde vor rund 13 Jahren im privaten Umfeld auf dieses Problem aufmerksam. Aufgrund dieser Erfahrung gründete sie die Lüdenscheider „Pfötchenhilfe“, eine Tafel für die Haustiere bedürftiger Lüdenscheider.
„Inzwischen kommen zu jedem Ausgabetermin rund 60 Leute, die insgesamt 300 Tiere versorgen müssen“, erklärt Monika Dobner, die inzwischen als zweite Vorsitzende des Vereins tätig ist, die Wichtigkeit ihrer Aktion. „Wir helfen, indem wir Futter ausgeben und bei Tierarztkosten in Vorleistung gehen.“ Gerade bei den extrem gestiegenen Tierarztkosten geraten ihre Kunden häufig an ihre finanziellen Grenzen.
Das Futter, das die Pfötchenhilfe an Rentner oder Bürgergeldempfänger verteilt, bekommt sie über Futterboxen, die in verschiedenen Geschäften stehen oder über private Spenden von Tierbesitzern, deren eigenes Haustier gestorben ist und von dem sie nun Futter oder Zubehör übrig haben. Manchmal erhält die Pfötchenhilfe auch Geldspenden, von denen sie dann Futter zukaufen kann. „Öffentliche Gelder bekommen wir keine“, bedauert Monika Dobner, selbst die Kosten für die Anmietung der Ausgabestelle trägt der Verein selbst.
Aufnahmestopp
Dabei ist der Andrang so groß, dass der Verein zum ersten Mal kein Nassfutter mehr zur Verteilung hatte. „Für uns heißt das jetzt, dass wir aktuell einen Aufnahmestopp haben, wir können einfach keine weiteren Bedürftigen mehr in unsere Kartei aufnehmen.“ Aufgenommen werden dort ohnehin nur Menschen, die einen Bürgergeldbescheid oder einen ähnlichen Beleg vorlegen können, der ihre Bedürftigkeit nachweist.
„Viele unserer Kunden kommen schon seit Jahren zu uns“, berichtet Monika Dobner. „Dabei ist unsere Vorgabe, dass wir keine Unterstützung bieten, wenn ein Tier angeschafft wird, obwohl den Menschen bewusst ist, dass sie es sich nicht leisten können. Tritt aber die Bedürftigkeit erst ein, wenn das Tier schon da ist, dann helfen wir, wenn es möglich ist.“
Eine Ausnahme wird aber gemacht, wenn ein Haustier verstirbt. „Wir wissen, dass viele Menschen, die zu uns kommen, ohne ein Haustier weiter in ihre Depressionen verfallen oder komplett vereinsamen würden. Da unterstützen wir natürlich auch weiter, wenn nach dem Tod eines Tieres ein neues angeschafft wird“, erläutert die zweite Vorsitzende weiter.
Hilfen für Mensch und Tier
In den Jahren sind viele persönliche Kontakte, wie zum Beispiel zu Tarik Kämper entstanden. Er ist seit zehn Jahren Kunde bei der „Pfötchenhilfe“, inzwischen schon mit seinem dritten Hund „Rudi“, den er aus dem Tierheim geholt hat. Für den Hund und sein Herrchen hat sich eine Win-win-Situation ergeben. Tarik Kämper, der unter schweren Depressionen und einer Persönlichkeitsstörung leidet, braucht den Hund, um seinen Alltag zu strukturieren und zur Ruhe zu finden. Und der Hund hat ein Zuhause gefunden, indem sich rund um die Uhr um ihn gekümmert wird.
Finanzielle Hilfen für die Versorgung des Hundes bekommt Tarik Kämper von der Krankenkasse nicht. „Ich will ja auch gar keinen Therapiehund, der für den Menschen arbeitet“, sagt er. „Mein Hund soll Hund bleiben dürfen. Aber ich bin froh, dass es die Pfötchenhilfe gibt. Mein Einkommen würde sonst nicht reichen. Aber durch Rudi komme ich unter Leute. Er ist sehr wichtig für mich.“
So wie ihm geht es vielen anderen auch. Sie bekommen bei der Pfötchenhilfe nicht nur Futter und Zubehör für ihr Tier, hier kennt man sich auch. Gespräche mit den Mitarbeitern oder den anderen Kunden, die an der Fensterausgabe warten, gehören für viele Kunden inzwischen zu einem wichtigen Termin in ihrem Kalender.
„Wir haben bei jeder Ausgabe aber zwei bis drei neue Kunden, denen wir zwar eine erste Hilfe geben können, die wir aber nicht dauerhaft in unserer Kartei aufnehmen können. Die Kapazitäten geben es einfach nicht her, wir bräuchten viel mehr Spenden“, bedauert Monika Dobner. Sie wendet, genau wie Judith Schüler, die erste Vorsitzenden des Vereins, rund 40 Stunden pro Woche für ihre ehrenamtliche Arbeit auf und würde sich über weitere Unterstützung freuen.
Wie nötig das ist, zeigt sich, wenn bereits eine halbe Stunde vor Öffnung der Ausgabestelle 20 Menschen vor der Tür stehen und darauf warten, eine Spende zu erhalten. Für das Futter bezahlen sie dann auch einen kleinen Obolus. Diesen Beitrag zahlt auch Michael Weiß sehr gern, damit er für „Cinderella“ genug Futter hat. „Sie gehört eigentlich meinen Kindern“, erzählt der Frührentner. „Aber als die ausgezogen sind, haben sie die Katze bei mir gelassen. Ich habe die Versorgung gern übernommen, aber bei meiner kleinen Rente muss ich das Geld dafür schon zusammenkratzen.“ Zur Not, so sagte er, würde er bei sich selber sparen und eher auf sein eigenes Essen verzichten, als Cinderella nicht korrekt zu versorgen.
Unterstützung bei Tierarztkosten
Auch Tierarztkosten werden vom Verein vorgeschossen. „Wenn ein Tierarztbesuch nötig ist, informieren wir einen der mit uns kooperierenden Tierärzte, damit die Praxis weiß, dass wir die Kosten übernehmen“, erzählt die erste Vorsitzende des Vereins, Judith Schüler. Dieses Geld zahlen die Tierbesitzer dann in Raten an den Verein zurück. Eine Zahlungsweise, die bei den meisten Tierärzten nicht möglich ist.
Davon konnten auch Silke und Sebastian König mit ihren Hunden Trudi und Milka profitieren. „Trudi braucht eine Ultraschalluntersuchung, weil festgestellt wurde, dass sie Probleme mit Herz und Leber hat“, erzählt ihr Frauchen. „Hier bekomme ich schnell und unbürokratisch die Möglichkeit, meinen Hund untersuchen zu lassen. Die wissen hier aber auch, dass ich das Geld zurückzahlen werde. Und wenn es 50 Euro pro Monat sind“, freut sich Silke König. Die ehemalige Krankenpflegerin, die wegen Überlastung und psychischer Probleme ihren Beruf nicht mehr ausüben kann, sagt: „Mein Hund hat mir das Leben gerettet. Für ihn musste ich weiterleben. Aber mit meiner kleinen Rente, kann ich ihn mir eigentlich nicht leisten.“ Dennoch tut sie aus eigener Tasche alles für ihn, was möglich ist. Eine Operation wurde bereits durch Freunde und die Familie mitfinanziert, Medikamente, Kosten für eine Blutentnahme und teures Spezialfutter spart sie zusammen. Aber manchmal geht es eben nicht ohne die Pfötchenhilfe. „Ich bin so froh, dass ich hier Hilfen bekomme, aber auch, dass man hier Leute trifft, mit denen man sich austauschen kann. Nicht nur über die Hunde, sondern über alles, was einen so bewegt.“
Auch ihren Mann hat sie über die Hunde kennengelernt. Sebatian König, der seit einem Arbeitsunfall auf Jobsuche ist, hat für seinen Hund eine OP-Versicherung abgeschlossen, damit ihn hier möglicherweise anfallende Kosten nicht überfordern. Aber auch er ist dankbar dafür, dass er für das Futter für Milka Unterstützung bei der Pfötchenhilfe findet. „Im Gegenzug geben wir hier aber auch Sachen ab, die wir nicht mehr benötigen“, sagt er. „Zu klein gewordene Körbchen, Decken oder Transportboxen. So ist es ein Geben und Nehmen.“
Infos:
- Die Ausgabe der „Pfötchenhilfe“ erfolgt immer am zweiten und vierten Samstag im Monat in der Jahnstraße 15 in Lüdenscheid.
- Futterspenden können direkt dort abgegeben werden.
- Sammelboxen stehen unter anderem auch im Futterhaus in Lüdenscheid, Kölner Straße 92 in Lüdenscheid.
- Vor dem Futterhaus werden samstags Waffeln und selbst gemachte Marmelade verkauft. Der Erlös ist für die „Pfötchenhilfe“
- Zu Weihnachten steht dort auch ein „Wunschbaum“ mit speziellen Wünschen der Tierbesitzer.