Kommentar.

Spektakulär unspektakulär – so kommt das Wahlergebnis der Kommunalwahl in Herscheid daher. Keine Schnappatmung, keine Schocksekunde, kein ungläubiges Kopfschütteln bringen die Bürgermeister- und die Ratswahl hervor. Die Bürger Herscheids haben bei gestiegener Wahlbeteiligung ein solides Wahlergebnis herbeigeführt, für eine berechenbare Gemeindeverwaltung und einen arbeits- und handlungsfähigen Gemeinderat gesorgt. Alles Langeweile also?

Das ist meine Meinung: Von Herscheid können andere Orte, können Räte und Bürgermeister sich etwas abschauen.

Von wegen! Betrachtet man die Kommunalwahl in Herscheid näher, dann entdeckt man, was auch bei dieser Entscheidung in Herscheid anders lief als in anderen Kommunen.

Bürgermeister Uwe Schmalenbach geht in seine vierte Amtsperiode. Nach drei Runden als Verwaltungschef und Ratsvorsitzender, nach 16 Jahren Krisenbewältigung und vielfachem Gelingen, hätte er sich als alleiniger Bewerber locker auf dem Erreichten ausruhen können. Motto: Ihr habt ja gesehen, was sich in der Zeit getan hat.

Schmalenbach hat sich nicht ausgeruht, hat sich nicht geschont. Er hat in den Parteien und Gruppierungen um Unterstützung geworben – nett, ja. Er hat sich bei den Bürgern erneut vorgestellt, hat sich mit seinem Stand vor dem Raiffeisenmarkt aufgebaut, hat die Bürger angesprochen und sich ansprechen, loben, kritisieren, anzweifeln lassen – das ist bemerkenswert. Uwe Schmalenbach hat sich live wie im Internet vorgestellt, hat Flyer gedruckt und verteilt, hat sich ein umfangreiches Programm gegeben und dafür geworben. Er hat sich mit Verve in den Wahlkampf geworfen, als gäbe es weitere Mitbewerber und als träte er zum ersten Mal an. Will sagen: Der Bürgermeister hat seine Kandidatur so ernst genommen, dass dies nicht zu übersehen war. Oder anders: Er hat die Bürger, „seine“ Bürger, ernst genommen – so wie er das seit dem Tag tut, an dem er als Lehrling im Rathaus begann, so wie er das seit 16 Jahren als Bürgermeister macht.

Dis bisherigen Gemeinderäte zeichnete stets Bodenhaftung und Pragmatismus aus. Alle wissen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, dass die Zeiten nicht einfacher werden. Dass für „Visionen“ und Wolkenkuckucksheime in der kleinen Gemeinde weder Geld noch Raum sind, ist akzeptiert. Dergestalt geerdet, wird im Gemeinderat beraten – und wenig gezankt –, wie das Notwendige getan werden kann, das Machbare realisiert wird. Normalität, Verlässlichkeit und Realitätssinn zeichnen die Ratsarbeit aus. Eine gute Idee wird im Rat nicht dadurch falsch, dass sie von der politischen Konkurrenz kommt. Gemeinsame Beschlüsse tragen besser, das ist die Lehre.

Was man aus dem Herscheider Wahlabend lernen kann ist dieses hier: Wo Politik und Verwaltung sich um das unmittelbare Umfeld der Bürger kümmern, anstatt sich in Fantasiewelten zu träumen, wo das Rathaus mit einer Stimme spricht, statt dissonant gegeneinander zu arbeiten, wo Mandatsträger parteiübergreifend zusammenarbeiten, kann und wird Lokalpolitik gelingen. Kümmerer und Problemlöser werden gewählt, das ist die Erkenntnis.