Nach 23 Jahren im Dienst der Stadt Breckerfeld verlässt Joachim Fliß das Rathaus – am heutigen 31. Juli war sein letzter Arbeitstag. Zum 1. August tritt der langjährige Bauamtsleiter in den Ruhestand. 

Joachim Fliß kam am 1. September 2002 zum städtischen Bauamt – mit Erfahrungen im Gepäck: Zuvor war er in einem Ingenieurbüro in Bochum tätig und dort hauptsächlich mit Tiefbauprojekten beschäftigt. Fünf Jahre später übernahm er vorerst kommissarisch die Leitung des Breckerfelder Bauamtes, bevor er 2008 dann Bauamtsleiter wurde.

Funklöcher erschaffen

„Ich war damals der Erste in der Stadtverwaltung, der ein Laptop bekommen hat“, erinnert er sich. „Das war wesentlich komfortabler, als mit Unmengen an Zetteln und Skizzen über eine Baustelle zu laufen.“ Die Kommunikation auf Baustellen sei damals übrigens noch größtenteils per Funk gelaufen: „Manchmal haben wir uns auch unsere eigenen Funklöcher geschaffen, wenn eine Frage gerade ungelegen kam“, sagt er lachend.

Große Projekte, viele Herausforderungen

Viele, ungezählte Bauprojekte haben den Arbeitsalltag von Joachim Fliß geprägt. Sein erstes „großes“ Projekt als Bauamtsleiter war die Planung und Erschließung des Wohngebiets Heider Kopf. Auch die umfassende Brandschutzsanierung der Schulen fiel in seine Amtszeit.

Sein letztes umfangreiches Projekt war die lang erwartete Sanierung der Glörstraße. Bereits 2008 habe er sich erstmals mit der Standsicherheitsproblematik der Glörstraße befassen müssen: „Ich dachte zwischenzeitlich, die bauen wir nie fertig“, schmunzelt er heute. Denn die geografisch anspruchsvolle Lage, die Beteiligung mehrerer Kommunen und jede Menge bürokratisch notwendiger Schriftverkehr verlangten dem Bauamtsleiter einiges ab – bis die Zufahrtsstraße zur Glörtalsperre 2024/2025 endlich saniert werden konnte.

„Viel böses Blut“

Nicht alle Projekte werden Joachim Fliß ausschließlich in positiver in Erinnerung bleiben - auch wenn er sagt: „Ich bin in all den Jahren immer gerne zur Arbeit gegangen.“ Die Fremdwassersanierung im Wohngebiet Wengeberg und im Ortsteil Zurstraße beschreibt er als „heikle Geschichte“. Damals mussten rund 600 Haushalte ihre Hausanschlüsse auf Dichtigkeit prüfen und gegebenenfalls sanieren lassen, weil zu viel Fremdwasser in die Kanäle gelangte. „Das gab viel böses Blut“, erinnert sich Fliß. „Alte Baumängel, oft bei zwischenzeitlich verkauften Häusern, traten ans Licht. Viele Anwohner waren gezwungen, viel Geld in die Hand zu nehmen. Und dafür wurde ‚das Bauamt‘ verantwortlich gemacht - obwohl wir schlussendlich auch nur an die gesetzlichen Vorgaben gebunden waren.“ Man habe jeden Einzelfall prüfen müssen, Anwohner informiert und beraten: „Das war aufwendig - und es wurden viele, teilweise sehr emotionale und hitzige Diskussionen geführt.“

Bürokratie, Beschwerden und Politik

Eine Tugend, auf die sich Fliß während seiner Amtszeit immer wieder besinnen musste: Geduld. „Und das, obwohl ich ein sehr ungeduldiger Mensch bin und es nicht leiden kann, wenn lange um den heißen Brei diskutiert wird - aber ja, man braucht im Bauamt eine Engelsgeduld“, sagt er rückblickend.

Auch vom oftmals proklamierten Willen zur Entbürokratisierung habe er in all den Jahren nichts gespürt: „Es ist eher schlimmer geworden. Die Berichts- und Dokumentationspflichten haben über die Jahre ständig zugenommen. Und: für alles braucht man natürlich erstmal ein Konzept“, sagt er mit leicht ironischem Unterton. Ein Beispiel: das vorgeschriebene Lärmkonzept für die Innenstadt: „Das bindet Personal, kostet Geld – und bringt oft nichts, weil wir als Kommune zum Teil gar nicht zuständig sind.“

Auch der Umgangston bei Beschwerden habe sich verändert. Der städtische Bauhof untersteht dem Bauamt – damit auch der Winterdienst. „Man glaubt nicht, wie frech manche Anrufer werden, weil irgendeine kleine Stichstraße um 6 Uhr noch nicht geräumt war.“ Ganz davon abgesehen, dass das „Ignorantentum“ beziehungsweise egoistisches Bürgerverhalten seinem Eindruck nach immer mehr zunehme. Jüngstes Beispiel sei die Sanierung des Wanderwegs am Heider Kopf: Trotz Absperrung würden Menschen mit ihren Hunden dort herlaufen, weil es doch die ‚gewohnte Gassirunde ist‘, oder Kinder sich darin üben, mit ihren Fahrrädern auf dem Weg möglichst scharf zu bremsen. „Bei allem Verständnis für Gewohnheiten oder Kinder: Es hat ja Gründe, warum das Bauamt Wege sperrt. In diesem Fall war es wichtig, dass sich die neue Schotter-/Sandschicht erst einmal richtig setzen kann - und das geht nicht, wenn der Weg belaufen oder befahren wird.“ 

Überraschend sei für Fliß nach seinem Amtsantritt gewesen, wie oft politische Entscheidungsprozesse seinen Arbeitsalltag bestimmten. „Als ich hier angetreten bin, hätte ich nicht gedacht, dass ich jemals so viel mit Politik zu tun haben würde – aber ich denke, da bin ich ganz gut durchgekommen“, sagt er mit einem Lachen.

Ein Radweg, der nicht fertig wurde

Trotz aller Herausforderungen schaut Joachim Fliß insgesamt mit Zufriedenheit auf seinen Posten im Breckerfelder Bauamt zurück. „Auch wenn ich es gerne noch im Amt miterlebt hätte, dass der Radweg zwischen Zurstraße und Königsheide realisiert worden wäre“, sagt er - und fügt augenzwinkernd hinzu: „Aber wenn ich eines als Bauamtsleiter gelernt habe, dann, dass bauliche Planungen und eben auch Radwege in Deutschland nichts sind, was selbst bei größter Motivation und Anstrengung auf relativ kurzen Dienstwegen erledigt werden kann.“

Dennoch möchte Joachim Fliß, der in Hagen wohnt und es über all die Jahre seiner Amtszeit "nie in Erwägung gezogen hat, nach Breckerfeld umzuziehen", auch im Ruhestand die (bauliche) Entwicklung der Hansestadt verfolgen: „Ich fahre gerne E-Bike - vielleicht komme ich ja tatsächlich irgendwann in den Genuss, mit dem Fahrrad von Zurstraße aus über einen Radweg nach Königsheide und von dort hinunter zum Rathaus zu fahren, um meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen zu besuchen.“

Übergabe an Schulze

Joachim Fliß hätte bereits zum 1. Januar 2025 in den verdienten Ruhestand treten können. Er verlängerte sein aktives Berufsleben jedoch, da sich die Suche nach einem Sachbearbeiter für den Bereich Tief- und Straßenbau für die Stadt Breckerfeld unerwartet schwierig beziehungsweise langwierig gestaltete. Dieser ist nun aber gefunden, sodass ab dem 1. August Sven Eric Schulze die Verantwortung als neuer Bauamtsleiter im Rathaus übernimmt.

Schulze war bis 2023 als Dipl.-Ingenieur Hochbau in der freien Wirtschaft tätig, bevor er zum Breckerfelder Bauamt kam. Der städtische Verwaltungsapparat ist ihm vertraut: „Ich kannte viele Mitarbeiter schon, bevor ich hier angefangen habe.“ Der Bau der Kita Abenteuerland war sein erstes Projekt, das er für die Stadt begleitet hat.