Ihre Belohnung hat sich Ayka redlich verdient. Die vierjährige Dobermann-Hündin von Stephanie Sieper war am Dienstag, 3. Juni, der Star im Haus Waldfrieden. Denn sie hatte in gerade einmal 25 Minuten eine Bewohnerin der Seniorenwohngemeinschaft für Demenzerkrankte ausfindig gemacht, die drei Stunden zuvor verschwunden war. Für ihre Arbeit braucht die stattliche Hündin nicht mehr als ihre ausgezeichnete Nase. Wie sie diese richtig nutzt und zum sogenannten Mantrailing einsetzt, lernt sie bei Anja Milk. Die Halveranerin bildet Suchhunde aus und ist nach einem Einsatzerfolg wie am Dienstag unfassbar stolz auf ihre Super-Spürnasen.
Am Dienstagnachmittag wurde es ernst. Anja Milk und drei ihrer Ausbildungshunde samt Halter wurden um 15 Uhr zum Haus Waldfrieden gerufen. Eine an Demenz erkrankte Dame war gegen 12 Uhr aus der Einrichtung verschwunden. Sie hatte das Gelände verlassen und war nicht mehr auffindbar.
Die erfolgreiche Suchhunde-Arbeit von Anja Milk und ihrer Einsatztruppe hat sich bei den Halveraner Senioren-Einrichtungen rumgesprochen. Im Vermisstenfall wissen die Mitarbeiter des Hauses Waldfrieden und des Seniorenheims Bethanien, dass sie sich an die Hundetrainerin wenden können. Mit im Boot ist auch immer die Polizei, sagt Anja Milk im Gespräch mit LokalDirekt.
Drei Stunden waren am Dienstag bereits vergangen, als Anja Milk und ihr Team am Hälversprung ankamen. „Die Seniorin ist zwar dement aber noch richtig gut zu Fuß. Es hätte also gut sein können, dass die Dame schon einige Kilometer zurückgelegt hatte“, berichtet die Hundetrainerin. Dennoch heißt es auch in diesen Momenten: Ruhe bewahren. Drei Hunde waren zum Einsatz mitgekommen, um sich im Falle einer Erschöpfung ablösen zu können. Die Tiere suchen nicht gleichzeitig, sondern nacheinander. Den Anfang machte Dobermann-Hündin Ayka.
Der Hund benötigt für seine Arbeit einen Geruchsträger, der nicht kontaminiert sein darf. Das wäre der Fall, wenn beispielsweise eine Pflegerin nach der Seniorin einen Gegenstand anfasst. „Wir hatten aber Glück: Das Bett war nicht gemacht, also schnüffelte Ayka am Bettzeug“, berichtet Anja Milk.
Zielstrebig nahm Ayka ihre Suche – den Trail – auf. Sie führte ihre Besitzerin sicher hinunter ins Tal, rauf zum Winkhof bis zur ehemaligen Bahntrasse in Oberbrügge. Dort – nach gerade einmal 25 Minuten – konnte Ayka ihr im Falle eines erfolgreichen Auffindens erlerntes Kommando abrufen: Sitz. Erschöpft und orientierungslos saß die Dame an der Bahntrasse, zwei Kilometer vom Haus Waldfrieden entfernt. Gemeinsam mit der Dame warteten die Mantrailer vor Ort, bis die Polizei eintraf und die Frau zurückbrachte.

„Wir sind so unfassbar stolz auf den Hund. Ayka hat das ganz sicher und souverän gemacht“, freut sich Anja Milk nach getaner Arbeit. Ihre Arbeit hat sich ausgezahlt, ein Menschen konnte rechtzeitig aufgefunden und vor Schlimmerem bewahrt werden. Dass Hunde in diesen Fällen um ein Vielfaches effizienter sind als jeder Mensch oder Maschine, ist nicht nur der Hundetrainerin bewusst. Auch die Polizei kann vor dieser Rekord-Arbeitszeit nur den Hut ziehen.
Der Schlüssel zum Erfolg befindet sich in der Nase des Hundes: Über 125 bis 220 Millionen Riechzellen verfügt ein Hund – beim Menschen sind es etwa fünf Millionen. Wie das im Falle des Mantrailings funktioniert, erklärt Anja Milk: „Unsere Hunde verfolgen den Geruch der Hautschuppen, die jeder Mensch dauerhaft verliert. Sie können dabei den Alterungsgrad der Schuppen bestimmen, suchen also immer nach der jüngsten Schuppe. So sind sie immer auf der richtigen Spur. Ein Mensch hätte in so einer Situation überhaupt keinen Anhaltspunkt, wüsste nicht einmal, in welcher Richtung er suchen müsste. Für den Hund hingegen ist das ein Spiel. Die lieben ihren Job und machen das gern.“
Ayka und die beiden anderen Hunde Leo und Mezzo haben am Dienstagnachmittag einmal mehr kräftig die Werbetrommel gerührt für die Arbeit von Anja Milk und ihrem Team. Die sagt übrigens, dass sich fast jeder Hund in jedem Alter dazu eignet, die Suchhunde-Ausbildung zu absolvieren.
